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Beitrag vom 19.03.2006
Stella Chiweshe - Double Check
Tatjana Zilg
Jubiläum beim Weltmusik-Label Piranha: Die 100. Veröffentlichung wird mit einer Doppel-CD von Stella Chiweshe gebührend gefeiert. Traditionelle und moderne Musik von der Mbira-Königin aus Simbabwe
1987 begannen die Piranha-MacherInnen Christoph Borkowsky Akbar und Bettina Schasse de Araujo in Berlin mit der Veröffentlichung und Produktion von afrikanischer, Gypsy&Balkan, jüdischer, lateinamerikanischer und orientalischer Musik. Durch ein immens weites Repertoire von Klassik bis AvantPop und der sorgfältigen Auswahl der nur acht veröffentlichten Titel pro Jahr wurde der Labelname schon bald zum Markenzeichen für qualitativ hochwertige Weltmusik.
Das erste Album, das unter dem Label Piranha in den Plattenläden stand, war "Ambuya?" von Stella Chiweshe. 99 globale Musikpäckchen später schmückt der bissige Fisch nun einen besonderen Leckerbissen der Dame aus Simbabwe: Das Doppelalbum "Double Check" besteht aus neuen Aufnahmen - "Trance Hits" -und einer Zusammenstellung der beliebtesten Songs - "Classic Hits".
Nun sollte das Wörtchen Trance nicht zu falschen Rückschlüssen führen - gemeint ist keinesfalls, dass sich Techno-Einflüsse in die vibrierenden Rhythmen eingeschlichen haben, sondern bezieht sich auf den ursprünglichen Wortsinn:
Die Trance als ekstatischen Bewusstseinzustand, in dem traditionell Kontakt mit der Ahnenwelt aufgenommen wurde. Stella Chiweshe nahm "Trance Hits" unter schwierigsten Bedingungen im Sommer 2005 in eigener Regie in Simbabwe auf. Themen der klangvollen Gesänge - mit in den Bann ziehender Trommel-Unterlegung - sind die Geisterwelt der Shona, die Geschichte eines vom Klang der Mbira besessenen Polizisten und die Entdeckung eines singenden Fisches. Ein Lied hat die begabte Künstlerin, die auch eine spirituelle Heilerin ist, auf eine ganz besondere Weise gefunden: Sie träumte, wie es ihr von der Großmutter vorgesungen wurde.
Selbst wird Stella Chiweshe mit dem ehrenvollen Titel "Ambuya Chinkayare" bezeichnet - Großmutter der traditionellen Musik. Doch ihr Werdegang zur weltberühmten Spielerin der Mbira, dem kleinen Fingerzupfinstrument, war alles andere als leicht. 1946 wurde sie in Mujumhi, einem Dorf in Mhondoro/Simbabwe, geboren. Die britische Kolonialmacht verbannte die Mbira im ersten Befreiungskrieg, die Kirche erzählte sie zum Teufelswerk.
Aber auch ihr eigenes Volk war nicht begeistert, als sie ihr Talent für das Mbira-Spiel entdeckte, denn traditionell ist es Männern vorbehalten. Gegen alle Widerstände wurde Stella Chiweshe Mitte der Sechziger Jahre als begabte Maridzambira anerkannt. Bald darauf wurde sie als begehrte Musikerin zu allen möglichen feierlichen und nicht ganz so feierlichen Anlässen gerufen: Sie spielte bei Heilungszeremonien, Hochzeiten, Beerdigungen, Konzerten und Parties.
Ihre Debüt-Single "Kashawa" erreichte Goldstatus. Als Simbabwe 1980 unabhängig wurde, trat sie der National Dance Company bei und tourte durch Simbabwe, Mosambik, Australien, Indien, Nordkorea und Europa. Mit 22 Singles und 7 internationalen Alben ist sie heute eine der wichtigsten afrikanischen Künstlerinnen in der Weltmusikszene. Für jede Studioaufnahme lässt sie sich jedoch Zeit und veröffentlicht erst, wenn sie sicher sein kann, dass ihr Sound sich um neue und frische Komponenten erweitert hat. So auch bei dem Album "Talking Mbira" von 2004, das sie nach siebenjähriger Pause kreierte.
AVIVA-Tipp: Afrika - ein Kontinent, der wie kein anderer Sehnsüchte und Ängste in den Herzen fernwehgeplagter EuropäerInnen hervorruft. Magisch, rau, farbenprächtig, zerstört, arm, dann wieder ornamental und voller Ideen, die Reisende in Erstaunen und Bewunderung versetzen. All dies spiegeln diese zwei atemberaubend schönen CDs, prall gefüllt mit Titeln, die tanzbar, verzaubernd, unterhaltend und tiefsinnig zugleich sind.
Stella Chiweshe
Double Check: Two Sides Of Zimbabwe
Label: Indigo Musik GmbH, VÖ: 24.02.2006
EAN: 0826863190029
18,99 Euro90008115&artiId=5240987"