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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 08.12.2018


Ada Hegerberg wird als erste Frau mit dem Ballon d´Or ausgezeichnet und anschließend mit sexistischer Frage konfrontiert
Sylvia Rochow

Die 23-jährige Weltklasse-Fußballerin nutzt ihre Dankesrede bei der Preisverleihung in Paris für einen Aufruf an Mädchen in aller Welt. Co-Moderator und DJ Martin Solveig sorgt für Misstöne.




Erstmals wurden Anfang Dezember 2018 bei der seit 1956 durchgeführten Wahl der französischen Fachzeitung "France Football" in Paris auch Fußballerinnen ausgezeichnet. Die mehrfache französische Meisterin, Pokal- und Champions League-Siegerin Ada Hegerberg (Olympique Lyon) setzte sich gegen die Dänin Pernille Harder von Double-Gewinnerin VfL Wolfsburg und ihre deutsche Teamkollegin Dzsenifer Marozsan durch.

In ihrer Dankesrede bezeichnete die Norwegerin die erstmalige Verleihung des renommierten "Ballon d´Or" an eine Frau als "großen Schritt für den Frauenfußball". Sie schloss mit einem emotionalen Appell: "Ich möchte diese Rede mit einigen Worten an junge Mädchen auf der ganzen Welt beenden: Bitte glaubt an euch selbst!"
Ausgerechnet in diesem Rahmen sah sich Hegerberg dann jedoch einer sexistischen Frage des Co-Moderators, des französischen DJs Martin Solveig, ausgesetzt. "Du hast ja gesehen, dass ich für Kylian (Mbappé, französischer Weltmeister und Gewinner des Nachwuchspreises, Anm.d.Red.) einen kleinen Tanz vorbereitet hatte (zum Song "God´s Plan" des kanadischen Rappers Drake, Anm.d.Red.). Da haben wir uns gedacht, dass wir für Dich etwas Ähnliches machen. Weißt Du, wie man twerkt?" (häufig als sexuell provokativ aufgefasster Tanzstil, Anm.d.Red.)
Die 23-Jährige, die von 2012 bis 2014 beim 1. FFC Turbine Potsdam in der Bundesliga unter Vertrag stand, bewies auch hier Klasse und antwortete mit einem ebenso knappen wie entschiedenen "Nein".

Einmal mehr war es unter anderem der schottische Tennis-Profi Andy Murray, der schnell deutliche Worte fand. Der ehemalige Weltranglisten-Erste hatte von 2014 bis 2016 die ehemalige französische Weltklasse-Spielerin Amélie Mauresmo als seine Trainerin engagiert und setzt sich immer wieder für die Gleichbehandlung von Frauen ein, unter anderem auch in den Diskussionen um die Angleichung der Turnier-Preisgelder für Spielerinnen an das Niveau der Männer.

AVIVA-Berlin fasst einige Reaktionen aus der Sport- und Medienwelt zusammen.

Andy Murray (mehrfacher Grand Slam-Sieger):
"Warum müssen sich Frauen immer noch mit solch einem Scheiß rumschlagen? Welche Fragen wurden Mbappé und Modrić (kroatischer Vize-Weltmeister und Gewinner des Männer-Ballon d´Or, Anm.d.Red.) gestellt? Ich vermute, irgendwas, das mit Fußball zu tun hat. Und an alle, die denken, dass die Leute überreagieren und dass dies ein Witz war. Das war es nicht. Ich bin schon mein ganzes Leben im Sport involviert und das dortige Level an Sexismus ist einfach irreal."

Nilla Fischer (Deutsche Meisterin, Pokal- und Champions League-Siegerin mit dem VfL Wolfsburg, Gewinnerin der olympische Silbermedaille 2016 und Schwedens Fußballerin des Jahres 2018):
"Wann wird dieser Sexismus endlich aufhören?!"

Frances Silva (Autorin bei COPA90 und ehemalige US-amerikanische Fußballerin):
"Stell´ Dir vor, Du gewinnst den ALLERERSTEN Ballon d´Or der Frauen. Dann hältst Du eine unglaubliche Rede darüber, welch große Bedeutung das für den Frauenfußball hat. Dann ermunterst Du kleine Mädchen, an sich selbst zu glauben. DANN wirst Du aufgefordert, zu twerken. F(…) off, dude."

Gargi Rawat (indische Nachrichtensprecherin und Reporterin bei NDTV):
"Du kannst die erste Gewinnerin des Ballon d´Or sein und Geschichte schreiben…musst dich aber immer noch mit sexistischem Unsinn auseinandersetzen (unverschämt)."

Grant Wahl (US-amerikanischer Sportjournalist bei Sports Illustrated und FOX Sports):
"(…) Das ist der Mist, mit dem weibliche Athleten auf der ganzen Welt täglich konfrontiert sind."

Weitere Infos unter:

Ada Hegerberg auf Twitter

www.francefootball.fr

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Beitrag vom 08.12.2018

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