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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 24.02.2003


Implementing Gender Equality - What Works And Why
AVIVA-Berlin

Accenture Workshop mit: Anke Domscheit, Consultant, Accenture, Berlin und Michael S. Kimmel, Sociologist and Author, New York, U.S.A.




Michael Kimmel wendet sich an die Zuhörerinnen mit der Begrüßung "Ladies and Gentlemen...any Gentlemen here?" - Gelächter. Tatsächlich sind drei Männer unter dem zahlreich zum Workshop erschienenen Publikum. Salopp gesprochen, drei Anzüge unter lauter Business Kostümen, das zahlenmäßige Gender-Verhältnis mal umgekehrt, diesmal die Männer die Exoten.

Kimmel betont dann, dass er und Anke Domscheid von Accenture bewusst einen Rollentausch vornehmen wollen: Sie wird für die technischen Abläufe zuständig sein, er für Schreiben und Kaffee kochen. Wieder Gelächter, aber Kaffee wird dann doch nicht gekocht.
Das Ziel des Workshops ist es aufzudecken, welche Schwierigkeiten und welche Erfolge es bei der Umsetzung von "Gender Equality" gibt.

Nach einer kurzen Einleitung geht es los mit der ersten Frage ans Publikum:
"Welche Barrieren, welche Nachteile haben Sie in ihrem individuellen Arbeitsleben erfahren?" Darauf gibt es viele Wortmeldungen, es kristallisieren sich folgende Hauptpunkte heraus:

  • das Problem, überhaupt wahrgenommen zu werden (in einer Konferenz sagt ein Mann etwas, Minuten nachdem eine Frau dasselbe gesagt hat - ihr Beitrag ging unter, seiner wird gehört)
  • die Annahme, dass Frauen nicht so ambitioniert wie Männer seien
  • Stereotypen, von denen sich nicht nur Männer, sondern auch Frauen beeinflussen lassen
  • die noch herrschenden, branchenübergreifenden Vorbehalte gegenüber Frauen in Führungspositionen.

Wie haben es dann doch einige Frauen geschafft, die "glass ceiling" zu durchbrechen? Welche Faktoren waren entscheidend für den erfolgreichen Weg der hier versammelten Frauen?

Teilweise kontrovers diskutiert wird die Bedeutung von persönlichen Umständen - wie die wichtige Unterstützung von Familie, Partner und Freunden, berufliche Strategien wie Eigeninitiative und der Aufbau von Netzwerken bis hin zu äußeren Faktoren wie Kleidung. In einem roten Kostüm fällt frau auf, geht nicht in der Menge unter - andererseits will frau nicht nur als die Frau im roten Kleid in Erinnerung bleiben.

Kimmel fasst mit dem Begriff "Miracle Minority (normalerweise auf erfolgreiche Vertreter ethnischer Minderheiten gemünzt) das Problem der "Visibility" von hochkompetenten Frauen im Berufsalltag zusammen. Es besteht die Gefahr, als Individuum unsichtbar und nur als Vertreterin der Gruppe gesehen zu werden, dort aber sehr exponiert zu sein - z. B. die "Alibifrau" darzustellen. Die "Corporate Culture", Spielregeln und strenge Hierarchien, die in Firmen und Führungsetagen herrschen, seien Frauen auch eher fremd, weil von Männern kreiert.

Im Vergleich Deutschland - USA
, wo es Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede im Umgehen von "Gender Issues" gibt, führt Kimmel an, "Sexual Harrassment" sei z. B. in Deutschland noch nicht wirklich thematisiert. Aber nicht etwa, weil es hier weniger sexuelle Anzüglichkeiten und Belästigungen gibt, sondern weil die Wahrnehmung hier noch nicht so geschärft ist - etwas was hier verbessert werden sollte.

Wie kann man aber "Gender Equality" vorantreiben, was ist zu tun?
Kimmel betont, dass mit Gesetzen, Quoten etc ("Affirmative Action") in den USA - trotz der Vorbehalte - bei der realen Chancengleichheit von Frauen gute Erfolge erzielt worden sind, "ein absoluter Schlüsselfaktor".

Weitere wichtige Faktoren:

  • ein ermutigendes, nicht behinderndes Umfeld
  • schon früh Talent zu identifizieren, und vielversprechende Mädchen und Frauen rechtzeitig gezielt zu fördern, zu promoten
  • "Diversity Training" - allgemein die Fähigkeit zu trainieren, in einem Umfeld mit Personen von unterschiedlicher Herkunft zusammenzuarbeiten
  • Anti-Diskriminierungstraining (für Männer)
  • Mentoring
  • Networking
  • Familienfreundliches Arbeitsklima
  • Flexible Arbeitszeiten
Fazit
Die während der Diskussion genannten Punkte aufnehmend, stellt Anke Domscheid das beispielhafte firmeninterne Frauenförderungsprogramm von Accenture vor.
Einer der Punkte besteht darin, dass alle Führungskräfte ein spezielles Bewusstseinstraining absolvieren, um ihren Blick für Diskriminierungen gegen Frauen zu schärfen.
Wenn eine Frau sexuell belästigt wird, kann sie eine extra dafür eingerichtete Hotline anrufen, der Verursacher wird bei erwiesener Schuld entlassen.

Frau Domscheid führt an, dass ein Firmenziel ist, in Zukunft mit noch mehr weiblichen Partnern zusammenzuarbeiten. Das ist auch aus wirtschaftlichen Gründen wünschenswert - von Frauen geleitete Unternehmen "sind durchschnittlich profitabler".
Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten und Veranstaltungen wie "Ladies Lunch", wo eine erfahrene potentielle Mentorin eine jüngere Mitarbeiterin trifft.
Wichtig sei es ganz allgemein, die "Sichtbarkeit" von Führungsfrauen zu erhöhen. Deswegen gibt es auch regelmäßige Porträts und einen Newsletter auf der Firmen - Website, www.accenture.com.

Obwohl Deutschland im Internationalen Vergleich, was die Anzahl von Frauen in hohen Positionen betrifft, auch bei Accenture noch im Mittelfeld liegt - hinter den USA, Frankreich und Asien, ändert sich das allmählich. Es tut sich was.

Der Erfolg lässt sich auch an folgender Tatsache ablesen:
2002 stimmten bei einer Umfrage 80% der Beschäftigten dem Slogan zu, "Yes, Accenture is a great place to work."

Die Glasdecke ist noch nicht durchbrochen, aber sie bekommt Risse.



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Beitrag vom 24.02.2003

AVIVA-Redaktion