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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 19.01.2006


Frauenrechtlerin wird geehrt
Stefanie König

Mit der Auszeichnung "Europäer des Jahres" würdigt Reader´s Digest die couragierte Parlamentsabgeordnete Ayaan Hirsi Ali, die sich seit Jahren für die Emanzipation muslimischer Frauen einsetzt.




Die niederländische Parlamentsabgeordnete Ayaan Hirsi Ali ist
die elfte Gewinnerin des Preises, der 1996 von der Zeitschrift "Readers Digest"
ins Leben gerufen wurde.
Ausgewählt wurde sie, weil sie am besten die zeitgenössischen Werte und Traditionen Europas verkörpert und sich für ein größeres Bewusstsein über das oft verborgene Los vieler in Europa lebender muslimischer Frauen einsetzt.
Die Preisverleihung findet am 23. Januar 2006 im niederländischen Den Haag statt. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird nach dem Willen der Preisträgerin
an die Ethica Foundation, eine junge niederländische Wohltätigkeitsorganisation
für die Emanzipation muslimischer Frauen, gespendet.

Ayaan Hirsi Ali wurde in Mogadischu, der Hauptstadt Somalias geboren und als Muslimin erzogen. Mit 22 Jahren wurde sie gezwungen, eine Zwangsheirat mit einem Mann aus ihrem Familienclan einzugehen. Aber die Frau floh und kam in die Niederlande, lernte die Sprache, beantragte politisches Asyl, verdiente Geld
mit Hilfsarbeiten und studierte schließlich Politologie.
Nebenbei arbeitete sie als Übersetzerin für niederländische Behörden und lernte bei der Arbeit in Krankenhäusern, Schulen und Flüchtlingsheimen das Leid
der zumeist dunkelhäutigen Frauen kennen.
Die Frauen leiden unter häuslicher Gewalt, werden vergewaltigt
und zur Ehe gezwungen, ihre Genitalien werden verstümmelt. Häufig werden sie sogar für die "Ehre" ermordet, wenn sie ihrer Familie "Schande gebracht haben".
"Wenn die Leute nur wüssten, wie viele muslimische Mädchen in panischer Angst leben", sagt Ayaan Hirsi Ali.
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Nachdem sie 2003 in das niederländische Parlament gewählt wurde, hat die 36-jährige Ayaan Hirsi Ali in vieler Hinsicht Pionierarbeit geleistet, die unterdrückten muslimischen Frauen helfen soll. Dabei errichtete sie auch landesweite Strukturen zur Hilfe bei häuslicher Gewalt sowie bei Vorkommnissen mit ethnischem Hintergrund, eine Liste zur Erfassung von "Ehrenmorden" und spezielle Schulungen für die sich damit befassende Polizei.
Ihr Kampf für mehr Emanzipation in muslimischen Familien hat sie inzwischen zu einer der gefährdetsten Personen in Europa gemacht. Seit den Terroranschlägen von New York im September 2001 steht sie unter Polizeischutz, mehrmals waren Mordanschläge auf sie geplant.

Als im November 2004, ihr Freund, der Regisseur Theo van Gogh, mit dem sie zusammen den Film "Submission" (Unterdrückung) gedreht hat, in Amsterdam von einem fanatischen Muslim ermordet wurde, fand man einen Brief mit Drohungen an Hirsi Ali bei dem Leichnam.
Nach der Ausstrahlung des Kurzfilms, der die Unterdrückung muslimischer Frauen zeigt, und dessen Skript von ihr stammt, erhielt sie weitere Todesdrohungen.

Der Vorfall zwang sie, sich zu verstecken, aber sie kehrte bald in das öffentliche Leben und zu ihrer Arbeit im Parlament zurück, weil sie glaubt, dass sie dazu beitragen kann, das Leben muslimischer Frauen zu ändern, womit letztendlich auch die Brutgründe für den Extremismus ausgerottet werden. Immer öfter wird ihr Büro von Anfragen Hilfe suchender Frauen frequentiert,
die Opfer von Gewalt wurden und dann in einem Frauenhaus Zuflucht gefunden haben.
So schlimm diese Fälle sind, so sehr sieht sich die Menschenrechtlerin auf dem richtigen Weg: "Mein größter Erfolg ist, dass die Probleme heute im Bewusstsein
der Öffentlichkeit sind."


Bob Low, europäischer Redaktionsleiter des Reader´s Digest über die Preisverleihung: "Wir brauchten eine junge Frau, die außerhalb Europas geboren wurde, um uns Europäern zu zeigen, welche Art von Mut und
Durchsetzungsvermögen notwendig ist, um dem Extremismus entgegen zu treten, und die uns wichtigen Werte der Toleranz und Gerechtigkeit aufrecht zu erhalten.
Wir sind stolz darauf, ihr diese Ehre zu erweisen."


Weitere Informationen zu diesem Thema unter:
www.readersdigest.de


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Beitrag vom 19.01.2006

AVIVA-Redaktion