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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 20.04.2006


Eva Kreienkamp im Interview
Yvonne de Andrés

Die Initiatorin des 1. Internationalen Gender Marketing Kongresses vom 27.-28. April 2006 in Berlin berichtet AVIVA-Berlin im Vorfeld über die Ziele der Tagung und über...




...den aktuellen Stand der Gender Marketing und Diversity Management Diskussion.

AVIVA-Berlin: Was sind für Sie die Beweggründe als Initiatorin den 1. Internationalen Gender Marketing Kongress zu organisieren?
Eva Kreienkamp: Diversity Management - Vielfalt, Unterschiede und Gemeinsamkeiten managen - ist inzwischen in deutschen Unternehmen ein stehender Begriff. Bisher werden die Aktivitäten sehr auf Personal und Organisation zugeschnitten, seltener jedoch als eine Chance für den Markt realisiert. Wir möchten das ändern, die Vielfalt in unserer Gesellschaft birgt große Chancen für die bessere Bedienung von Kundinnen und Kunden. Deshalb haben wir uns mit unserem Unternehmen FrischCo. unter anderem auf das Thema Gender Marketing spezialisiert.

Bei aller Gleichwertigkeit der Diversity Kategorien ist doch das die vordringlichste Kategorie das Geschlecht. Männer und Frauen haben neue Rollen und neue Aufgaben übernommen, die Wirtschaft zieht erst langsam auf der Produkt- und Marktkommunikation nach. Nachdem ich vor anderthalb Jahren den Vortrag der Frauen von Volvo zu ihrem Concept Car YCC gehört hatte, war mir klar, wenn die deutsche Wirtschaft Gender als Chance sieht, kann sie deutlich wachsen. Das möchte ich mit dem Kongress und dem Beratungsansatz meines Unternehmens FrischCo. deutlich machen und unterstützen.

AVIVA-Berlin: Welche Impulse erwarten Sie aus dem Dialog der Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik?
Eva Kreienkamp: Genderforscher beschäftigten sich mit der Auswirkung von Geschlecht auf Handeln und Entscheidungen. In der Politik haben Quote, Quorum und Selbstverpflichtung zu einer sehr ausgeglichenen Geschlechterrepräsentanz geführt, und nun haben just diese Politiker den Auftrag, Gender Mainstreaming gesellschaftlich umzusetzen. Jeder Mensch ist Teilnehmer im wirtschaftlichen Geschehen, und in ihrem jeweiligen Geschlecht, Gender Spezialist und damit auch Experte im formulieren von Bedarfen. Die Wirtschaft kennt die Methoden der Umsetzung dieser Bedarfe in Produkte und Dienstleistungen. Gerade der Austausch der drei Bereiche macht es reizvoll, in kurzer Zeit viel zu erfahren und kleine Schritte, die in anderen Bereichen schon erfolgreich waren, nicht neu zu erfinden, sondern zu entlehnen und für sich umzusetzen.

AVIVA-Berlin: Die zentrale Rolle der Frauen als Konsumentinnen wurde bereits erkannt. Das heutige Marketing versteht sich mehrheitlich als "geschlechtsneutral", männlich geprägt. Wie könnte für Sie ein besseres, impliziteres, geschlechtspezifischeres Marketing aussehen?
Eva Kreienkamp: Ich glaube, es geht darum, die Veränderungen der deutschen Gesellschaft zu akzeptieren. Der größte singuläre Beitrag zum Wirtschaftswachstum in Deutschland, aber auch in allen anderen Industrieländern ist die Erwerbstätigkeit von Frauen. Dadurch haben sich die Lebenswelten und die Entscheidungsparameter deutlich geändert. Nun sind Frauen und Männer zu Entscheidern geworden, nicht nur in den kleinen Haushaltsanschaffungen, sondern bei den großen Budgets: Automobile, Alterssicherung, Immobilien, technische High-End-Geräte, um nur ein paar zu nennen. Dass spiegelt weder in der Marktkommunikation noch im Vertrieb wider. Wenn Frauen sagen, Sie möchten eine andere Art der Beratung als Männer, z.B. in der Finanzdienstleistung, dann gilt es das zu akzeptieren und umzusetzen, und nicht dagegen zu argumentieren. Mir schwebt vor, dass wir von Sex sells zu Gender Marketing entwickeln.

AVIVA-Berlin: Worauf führen Sie zurück, dass Gender Marketing im deutschsprachigen Raum noch nicht so etabliert ist wie in der anglo-amerikanischen Marketingwissenschaft?
Eva Kreienkamp: Relevantes Marketing gilt im angelsächsischen Wirtschaftskulturkreis als eine der strategischen Erfolgsfaktoren. Ausdifferenzierung der Produktentwicklung und Kundenansprache ist gesellschaftlich und wirtschaftlich hoch angesehen. Da ist es nur folgerichtig, auch die Geschlechterunterschiede als Marketinggrundlage zu entdecken und zu nutzen. In Deutschland ist die Ausdifferenzierung noch so weit entwickelt, viele Elemente der Marktkommunikation richtet sich an Normbildern aus, obwohl die schon lange nicht mehr real existieren. Außerdem gilt Geschlechtervielfalt und Geschlechterstudien noch immer als eine Art Nischenthema, obwohl es mit eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Menschen ist.

AVIVA-Berlin: Was würden Sie sich für zukünftige Internationale Gender Marketing Kongresse wünschen, was möchten Sie diskutiert wissen?
Eva Kreienkamp: Gesundheit, Bildung und Wohnen fallen uns schon jetzt ein - wenn sie geschlechtsspezifisch angeschaut werden, können neue Wege entdeckt werden. Den Beitrag von Geschlechtervielfalt zu Innovationen interessiert mich besonders.

AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Interview und Ihnen viel Erfolg bei dem Kongress.

Weitere Informationen:

1. Internationaler Gender Marketing Kongress:

www.gendermarketingkongress.de

FrischCo
www.frischco.de


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Beitrag vom 20.04.2006

Yvonne de Andrés