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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 03.03.2005


World Womem Work 2005 - Erika Stets
AVIVA-Redaktion

Interview mit Erika Stets, Mitglied des Geamtbetriebsrates bei Volkswagen AG




AVIVA-Berlin: Das Motto der WWW 2005: "Wandel als Chance". Zwischen Work-Life-Balance und Netzwerk-Ökonomie: Herausforderungen und Perspektiven in eine zunehmend globalisierten Lebensumfeld. Wo sehen Sie persönlich diese Herausforderungen und Perspektiven?

Erika Stets: Ich sehe Perspektiven darin, dass wir als Frauen uns besser darstellen müssen. Dass wir uns auch besser auf dem Markt anbieten müssen und zwar in der Art und Weise, dass wir dabei nicht zurückhaltend sind, sondern dass wir nach vorne blicken, dass wir einfach sagen, wir sind da und nicht immer diese Zurückhaltung üben. Perspektiven sehe ich weiterhin darin, dass wir momentan einen unheimlichen Wandel erleben, was die ganze Technologie betrifft. Wir haben inzwischen viele Frauen, die sich mit der Technologie befassen, die ein technologisches Studium absolvieren. Ich denke, dass es in naher Zukunft für Frauen auf dem Arbeitsmarkt wesentlich besser wird.

AVIVA-Berlin: Und wo sehen Sie die Risiken?

Erika Stets: Risiken sehe ich in den Unternehmen, die mit immer mehr Arbeit ins Ausland gehen, so dass wir verstärkt damit zu kämpfen habe, Arbeitsplätze hier zu erhalten. Zum Teil geht das eben auch zu Lasten von Frauen.

AVIVA-Berlin: Wie bewerten Sie die Podiumsfrage 2 - Gleichstellung auch ohne Quote und Gesetz?

Erika Stets: Ich glaube, ohne Gesetz kriegen wir es nicht hin. Gestern war das für mich ein bisschen widersprüchlich. Auf der einen Seite hat man gesagt, wir waren gegen die Quotierung, jetzt sind wir für eine Quotierung für eine bestimmte Zeit, aber auf der anderen Seite ist man wieder gegen dieses Gleichstellungsgesetz. Ich halte es aber für vollkommen verkehrt und überzogen, das Thema wieder nur auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu beziehen, weil ich mich frage: Warum ist das nur ein Thema von uns Frauen, warum befassen sich nur Frauen mit dem Thema Kinder? Die Männer sagen, es ist ein Problem, aber sie sind doch dessen Erzeuger. Sie bringen uns das Problem, wenn man es drastisch überzogen so sagen will. Denn ohne Männer hätten wir auch keine Kinder und dann würde sich die Frage gar nicht stellen. Ich glaube, ohne dieses Gesetz werden wir nicht ein Stück weiterkommen.

AVIVA-Berlin: Was tun Sie in Ihrem Unternehmen für den Bereich Frauenförderung?

Erika Stets: Vor 15 Jahren haben wir in unserem Unternehmen Grundsätze zur Frauenförderung verabschiedet. Seitdem wir die verabschiedet haben, hat sich etwas in den Köpfen unserer männlichen Kollegen bewegt. Es gibt heute keine Einstellung mehr, bei der man einfach an den Frauen vorbeigeht. Obwohl wir auch immer noch keine Frau im Vorstand oder Aufsichtsrat haben. Aber ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg dorthin. Hätten wir diese Grundsätze zur Frauenförderung nicht, glaube ich nicht, dass wir sonst schon so weit wären.

AVIVA-Berlin: Würde ein Gesetz Ihnen für die Frauenförderung in Ihrem Unternehmen noch weiterhelfen?

Erika Stets: Ich denke, wenn ein Gesetz da wäre, müsste auch VW den Vorreiter spielen. Bisher haben sie den fast überall gespielt. Ich denke, ein Gesetz würde uns die Arbeit erleichtern.

AVIVA-Berlin: Mit welchen Erwartungen sind sie hergekommen? Sind die erfüllt worden?

Erika Stets: Ich war im letzten Jahr schon einmal hier, fand es dieses Jahr aber qualitativ wesentlich besser. Die Podiumsdiskussion war viel länger mit mehr Zeit zur Aussprache. Nicht erfüllt wurden meine Erwartungen insofern, als dass wenig gekommen ist, was ich noch nicht wusste, eben nicht viel Neues. Was mich beeindruckt hat war die Vorstellung der Studie zu Vorbildern und Idealen. Die hat mich sehr fasziniert, auch der Filmvorspann. Es gibt also auch Anregungen, die ich für mich selbst mitnehme. Besonders weil wir ja dieses Jahr etwas zu 15 Jahre Frauenförderung bei Volkswagen machen wollen.

AVIVA-Berlin: Wie beurteilen Sie den Trend bezüglich der Debatte um Work-Life-Balance, die in Deutschland zunehmend auf die Work-Family-Debatte reduziert wurde?

Erika Stets: Ich halte es für verkehrt, alles auf Familie zu reduzieren, aber unsere Politiker sind darin geschickt. Die wissen genau, mit Familie kann ich viele Stimmen gewinnen. Das ist es, was ich verurteile, denn für mich gehört Familie zum normalen Alltag dazu.

AVIVA-Berlin: Was würden Sie sich für die WWW 2006 wünschen, was möchten Sie diskutiert wissen?

Erika Stets: Konkrete Themen kann ich jetzt gar nicht so genau benennen. Ich hoffe, dass es 2006 das Gleichstellungsgesetz gibt, weil ja dann Wahlen sind. Dann hätten wir eine andere Zukunftsperspektive, denn man weiss ja: Stehen Wahlen an, dann besinnt man sich, dass man die Wählerstimmen der Wählerschicht Frauen ja braucht. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass mehr Männer hier teilnehmen, damit man gemeinsam über diese Themen sprechen kann. Ich glaube dadurch, dass wir hier fast nur Frauen sind, bleibt das Thema auch unter uns Frauen.

AVIVA-Berlin: Was nehmen Sie mit? Ihr Fazit?

Erika Stets: Ich habe nicht bereut, dass ich hierher gekommen bin. Was ich schade fand, war, dass es Getränke nur in den Pausen gab, dass es keine Tischgetränke gab usw. Das wäre bei Männern nie passiert. Das sind so Sachen, da denke ich, wir Frauen müssen uns vielleicht auch mal darauf besinnen, was wir hier predigen. Wir sagen, wir müssen selbstbewusst nach vorne gucken und doch stecken wir hier ein Stück weit zurück, wollen nicht zu sehr auffallen oder überdimensionale Forderungen stellen. Positiv von dem Seminar nehme ich Visionen mit. Ich habe angefangen mir zu überlegen, was ich eigentlich für Vorbilder habe oder hatte. Das wird mich sicher auch noch zu Hause beschäftigen, denn hier hat sich mir ein Blickwinkel geöffnet, den ich so überhaupt noch nicht gesehen hatte.

AVIVA-Berlin: Vielen Dank für´s Interview


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Beitrag vom 03.03.2005

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