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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 29.04.2011


Mütter und Töchter
Ute Vetter

In diesem stillen Film kreuzen sich die Wege dreier Frauen in Los Angeles. Ihr Dasein als erwachsene Töchter und die unsichtbar vielschichtigen Beziehungen zu ihren Müttern stehen dabei ...




... im Fokus. Annette Bening glänzt in ihrer sperrig-spröden Rolle als tieftrauriger, in sich zurückgezogener Charakter. Filmemacher und Regisseur Rodrigo García entwirft in seinem dritten Episodenfilm einen liebevollen Blick auf die Frauen dieser Welt.

"Mütter und Töchter" ist ein Film, der in drei Episoden die schwierigen Beziehungen von Müttern und Töchtern thematisiert. Die Verbindung wird einleitend durch das Thema der Adoption geschaffen, später werden die Handlungsstränge unerwartet miteinander verknüpft. Sentimental bis dramatisch werden die Geschichten dreier Frauen erzählt:

Karen (Annette Bening) ist emotional verschlossen gegenüber allen anderen Menschen. Sie arbeitet als Physiotherapeutin in einer großen Praxis. Als Teenager gab sie ihr Kind zur Adoption frei. Den Geburtstag dieser inzwischen erwachsenen Tochter, der sie nie begegnete, feiert sie jährlich im Stillen. Karen führt pflegt ihre kranke Mutter und wohnt auch mit dieser zusammen. Trotz der Nähe der beiden Frauen kommt ein Gespräch über das tägliche Unglück, das Karen über die abwesende Tochter empfindet, nicht zustande. Seit Jahrzehnten scheint ihre Kommunikation eingefroren zu sein.

Lucy (Kerry Washington), die zweite Protagonistin, möchte unbedingt ein Kind adoptieren und stößt dabei auf unvorsehbare Schwierigkeiten. Sie verliert über dieses Vorhaben die Liebe ihres Lebens doch die Beziehung zu ihrer Mutter erreicht über diesen Prozess eine neue Dimension.

Elizabeth (Naomi Watts), die Protagonistin der dritten Episode, ist eine erfolgreiche und zielstrebige Anwältin. Die attraktive Frau ist stets darauf bedacht, Kontrolle über ihr Leben zu behalten. Dynamisch, energisch und selbstbewusst verfolgt sie ihre Karriere, um als Richterin an einem hohen Gericht tätig zu werden. Sie selbst ist das Kind einer Adoption, mit einem distanzierten und extrem ausgekühlten Verhältnis zu ihren Adoptiveltern. Die Abwesenheit der Mutter-Tochterbeziehung kennzeichnet ihren Charakter.

Die drei Frauen leben parallel in einer Stadt und so unterschiedlich ihre Biografien auch sind, eine unsichtbar starke Verbindung kettet sie sicher aneinander.

Nicht zum ersten Mal widmet sich der Filmemacher Rodrigo García den Frauen mit einem respektvollen Blick. Schon im Jahr 2000 thematisierte er weibliche Schicksale in dem stillen Episodenfilm "Gefühle, die man sieht" (OT: "Things You Can Tell Just by Looking at Her" 2000).

In seinem neuen Film bleiben die Frauen durchweg sympathisch, positiv, ethisch und moralisch und korrekt. Es kommen nur Frauen, die Mütter werden oder schon Mütter sind auf die Leinwand. Keine von ihnen entscheidet sich für eine Abtreibung oder hat in Problem das Kind auszutragen. Es handelt sich bei diesem Film um ein Hoch auf die Beziehungen von Müttern und Töchtern, auch wenn diese irgendwann verworren oder kompliziert werden - um ein verzerrendes Loblied mit larmoyant mitschwingenden Untertönen.

Insgesamt hinterlässt der Film durch seine Story keine eindringlichen Spuren. Er ist einfach nur schön anzuschauen und unterhaltend. Er zeugt vom Wohlwollen des Filmemachers gegenüber Frauen, von Toleranz und zeigt die dramatischen Momente, die irgendwann nicht mehr dramatisch sind oder sich zum Guten wenden. Über seinen Film sagt der Filmemacher Rodrigo García selbst:

"Am Anfang gab es überhaupt keinen Plot, nur eine vage Idee von zwei Fremden, die sich nacheinander sehnen, und wie diese Sehnsucht ihre Psychen formt und deformiert. [...] Ich habe keine Ahnung, aus welcher Ecke meines Bewusstseins all das dann herkam - ich konnte mich schwer selbst erkennen in dieser Geschichte. Eins war auf jeden Fall von Beginn an klar: Ich würde nur soweit fliegen, wie mich die Flügel der Schauspieler trügen"

Und so lebt dieser Film durch das Spiel seiner Hauptdarstellerinnen und seine Starbesetzung: Annette Bening, Naomi Watts, Kerry Washington, Jimmy Smith, S. Epatha Merkerson, Elisabeth Pena, Cherry Jones und Samuel L Jackson. Die Pressestimmen schwanken zwischen sehenswert, ganz nett und hervorragend.

Nicht nur Annette Bening, die für ihre Rolle als lesbische Mutter in "The Kids are all right" für den Oscar nominiert wurde, brilliert hier erneut, auch Naomi Watts zieht die Zuschauerinnen durch ihre kühle, pragmatisch aber fragil gespielte Sicherheit in ihren Bann. Der Film zeigt ausgesprochen vielfältig das Spiel mit den leisen Nuancen seiner Charaktere. Schade nur, dass der Blick in diese weibliche Welt vom Regisseur Rodrigo Gracía eine distanzierte Außenperspektive bleibt und Mutterschaft so tragisch betont. Empathie stellt sich beim Zuschauen einfach nicht ein.

Zum Regisseur: Rodrigo García hat sich als Drehbuchautor, Produzent und Kameramann mit seinen Frauenfilmen und erfolgreichen Fernsehserien ("Six Feet Under", "In Treatment") einen Namen gemacht. Seinen Durchbruch als Regisseur erlebte er auf dem Festival de Cannes 2000 mit dem Drama "Gefühle, die man sieht" (mit Glenn Close, Cameron Diaz, Holly Hunter, Amy Brennerman und Callista Flockhart). Garcia arbeitet hauptsächlich für den Kabelsender HBO. Der kolumbianische Filmemacher ist der Sohn von Mercedes Barcha Pardo und des Literaturnobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez. (Quelle: www.kino.de/star/rodrigo-garcia)

AVIVA-Tipp: "Mütter und Töchter" lebt unbedingt durch die Leistungen der drei Hauptdarstellerinnen Annette Bening, Kerry Washington und Naomi Watts. Der stille melodramatische Film bietet kaum aufregende Momente, doch macht er ein nachsichtiges Ansinnen über die Beziehung zur eigenen Mutter möglich. Unsere Mütter sind eben auch liebenswerte Töchter.


Mütter und Töchter
OT: Mother and Child
USA/Spanien 2009
Regisseur: Rodrigo García
DarstellerInnen: Naomi Watts, Annette Bening, Kerry Washington, Jimmy Smits und Samuel L. Jackson
Genre: Drama
Lauflänge: 126 Minuten
Kinostart: 28. April 2011

Weitere Infos finden Sie unter:mütter-und-töchter.de

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Beitrag vom 29.04.2011

AVIVA-Redaktion