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Beitrag vom 04.02.2010
Film-Tipps für die 60. Berlinale vom 11. - 21. Februar 2010
Tatjana Zilg
Die Sektionen zeigen ein umfangreiches Spektrum an berührenden, informativen und spannenden Filmen. "Die Fremde" mit Sibel Kekilli in der Hauptrolle feiert Premiere im Panorama.
Panorama
Die Fremde (When We Leave)
Regie: Feo Aladag
Deutschland, 119 Minuten, Türkisch, Deutsch mit englischen Untertiteln
DarstellerInnen: Sibel Kekilli, Derya Alabora, Settar Tanrioðen, Florian Lukas, Alwara Hofels, Nursel Kose
Sibel Kekilli brillierte 2004 in Fatih Akins Berlinale-Wettbewerbs-Gewinner "Gegen die Wand" neben Birol Ünel. In dem Regiedebut der Wienerin Feo Aladag, die selbst auf eine beachtliche Schauspielkarriere zurückblickt, versetzt sie sich erneut in eine junge Deutschtürkin, die ihren Lebensentwurf gegen die Erwartungen ihrer Familie verteidigt. Umay möchte nichts anderes als ein Leben, das in Deutschland eigentlich als vorbildhaft gilt: Ihren kleinen Sohn bestmöglich erziehen, einer Arbeit nachgehen, die Abendschule besuchen und später studieren. Als sie ihren Ehemann verlässt, für den sie in die Türkei gezogen ist, ersucht sie in Berlin bei ihren Eltern um Hilfe. Aber sie muss schmerzhaft erfahren, dass die traditionellen Wertvorstellungen stärker sind als die liebevolle Verbundenheit und Zugewandtheit, die zwischen den einzelnen Familienmitgliedern besteht.
The Actresses (Yeobaewoodle)
Regie: J-Yong
DarstellerInnen: Youn Yuh-jung, Ko Hyun-jung, Choi Ji-woo, Kim Ok-vin, Kim Min-hee, Lee
Mi-sook
Republik Korea, 104 Minuten, Koreanisch mit englischen Untertiteln
Der Regisseur J-Yong begeisterte schon mit seinen provokativ-innovativen Filmen "Untold Scandal" (2004) und "Dasepo Naughty Girls" (2007) das Panorama-Publikum. Dieses Mal jongliert er mit einem neuen Genre, der Fake Documentary. Für sein Projekt gewann er sechs der derzeit berühmtesten Schauspielerinnen Koreas, die sich in einem in der Modewelt angesiedelten Setting selbst spielen. Das Magazin Vogue möchte eine glamouröse Fotoserie mit dem Titel "Korea´s most beautiful actresses" schiessen und bittet die Diven ins Studio. Der Film lebt von der Interaktion zwischen den sechs koreanischen Stars, die von spielerischer und ernster Konkurrenz, charmantem Selbstbewusstsein, Perfektionswillen und Profi-Insiderinnen-Bekenntnissen bestimmt wird.
The Owls
Regie: Cheryl Dunye
DarstellerInnen: Guinevere Turner, Lisa Gornick, V.S. Brodie
USA, 67 Minuten, Englisch
Den Ex-Mitgliedern einer Lesbenband passiert bei einer Poolparty ein folgenschwerer Unfall. Die Regisseurin Cheryl Dunye und die ProduzentInnen Alexandra Juhasz, Candi Gutteres und Ernesto Foronda luden eine Gruppe miteinander vernetzter lesbisch-schwuler KünstlerInnen zur Mitarbeit ein. Das war der Anfang vom Parliament Collective, einem großen multiethnischen KünstlerInnenkollektiv, das die Geschichte zu "The Owls" entwickelte.
Panorama Dokumente
Wiegenlieder
Regie: Tamara Trampe, Johann Feindt
Deutschland, 98 Minuten, Deutsch, Russisch, Youruba mit englischen Untertiteln
Über die Frage, welches Wiegenlied ihnen spontan in den Sinn kommt, nähern sich die RegisseurInnen auf sensible und poetische Art den Kindheitserinnerungen von Menschen, die ihnen an verschiedenen Orten Berlins begegnen, an. Sie begleiten sie über die Straßen und Plätze der Stadt bis in ihre Wohnungen und erfahren Berührendes und Bedeutendes, Erschreckendes und Erfreuendes über ihr Leben, ihre Vergangenheit und ihren Alltag. Musik spielt dabei eine übergeordnete Rolle. So rappt ein junger Ex-Drogensüchtiger eine Ode an sein neugeborenes Kind, ein Laienchor probt gemeinsam mit Jocelyn B. Smith Gospels und der Komponist Helmut Oehring, Sohn von taubstummen Eltern, probt mit einem Orchester experimentelle Klassik.
Alle meine Stehaufmädchen - Von Frauen, die sich was trauen
(All My Tumbler Girls Or All About Women Who Dare To...)
Regie: Lothar Lambert, Deutschland, 82 Minuten, Deutsch mit englischen Untertiteln
Ineinander fließende Interviews und Alltagsmomentaufnahmen geben Lebenskonzepte und -erfahrungen von elf Berliner Frauen jenseits der vierzig wieder.
Waste Land
Regie: Lucy Walker, Co-RegisseurInnen: João Jardim, Karen Harley
Großbritannien, Brasilien, 99 Minuten, Englisch, Portugiesisch mit englischen Untertiteln
Lucy Walker begeisterte 2007 das Panorama-Publikum mit der Verfilmung einer spektakulären Bergbesteigung von sechs blinden tibetanischen Teenagern.
Nun reiste sie gemeinsam mit dem spitzenverkaufenden US-Gegenwartskünstler Vik Muniz in sein Herkunfsland Brasilien, wo er in Rio de Janeiro ein Kunstprojekt mit MüllsortierInnen ins Leben rief. Die daraus entwickelte Ausstellung wurde ein weltweiter Erfolg und folgt im BesucherInnen-Zahlen-Ranking den Picasso-Werkschauen.
Perspektive Deutsches Kino
Frauenzimmer
Regie: Saara Aila Waasner
Dokumentarfilm, 79 Minuten, HD Cam
Drei Berliner Frauen um die 50 haben ungewöhnlich spät die Sexarbeit für sich entdeckt. Ihren Berufsalltag als Prostituierte gestalten sie selbstbewusst und selbstbestimmt. Offen und ohne Scheu gewähren sie facettenreiche Einblicke in ihre Arbeitsweise und -haltung, ihren biografischen Hintergrund und ihr gegenwärtiges privates Umfeld.
Die Haushaltshilfe
Regie: Anna Hoffmann
Dokumentarfilm, 58 Minuten
Auf osteuropäische Haushaltshilfen wird gerne von deutschen SeniorInnen zurückgegriffen. Für Kost, Logis und ein geringes Gehalt übernehmen sie Pflege- und Hauswirtschaftsaufgaben. Der Dokumentarfilm beobachtet in einem sich allmählich entwickelnden Spannungsbogen die 30jährige Slowakin Martina während ihres Einsatz bei einem Ehepaar am Bodensee. Bald reibt sie sich an den engen Vorgaben ihrer Chefin, die von ihr viel Arbeit für wenig Gegenleistung erwartet.
Narben im Beton
Regie: Juliane Engelmann
Spielfilm, 30 Minuten
DarstellerInnen: Carmen Birk, Stefan Riedner, Lisa Altenpohl, Maggy Domschke
Eine 23jährige Mutter lebt mit ihren drei Kindern und ihrem Freund in einem Hochhausbezirk. Überforderung und Gewalt beherrschen ihren Alltag. Als sie erneut schwanger ist, eskaliert die Situation. Der Film greift das Thema Kindestötung auf und spürt den zugrunde liegenden Strukturen nach.
Jessi
Regie: Mariejosephin Schneider,
Spielfilm, 30 Minuten
Die elfjährige Jessi reißt bei ihrer Pflegemutter aus. Ihre Suche nach Identität führt sie zurück in das Dorf der Kindheit. Doch dort ist alles anders, als sie es sich erhofft hat.
WAGs
Regie: Evi Goldbrunner, Joachim Dollhopf
Spielfilm, 40 Minuten
Zwischen zwei Bundesliga-Fußballspielerfrauen Anfang 20 entsteht spontan eine intensive Freundschaft. Als diese durch den Teamwechsel eines Spielers abrupt beendet wird, treten die vernachlässigten Eigenbedürfnisse der jungen Frauen ans Licht.
Forum
Als die Freunde der deutschen Kinemathek e.V. im Sommer 1969 in der Akademie der Künste eine Ergänzungsveranstaltung zu den Internationalen Filmfestspielen Berlin veranstalteten, drückte sich darin vor allem Kritik an der als konservativ empfundenen Berlinale aus. Zwei Jahre später wurde daraus das "Internationale Forum des Jungen Films", das seitdem ein fester Bestandteil der Berlinale ist.
Zum 40. Geburtstag des Forums wählten zwölf FilmemacherInnen, die bereits eigene Arbeiten im Forum gezeigt haben, ihre Lieblingsfilme aus vier Jahrzehnten Forum aus, die in Erinnerung an die Gründungsveranstaltung im Symposium "Dialoge mit Film" im Juli 2009 präsentiert wurden und nun als Begleitprogramm zum Jubiläum zu sehen sein werden. Darunter sind unter anderem "Seven Songs from the Tundra (Seitsemän laulua tundralta)" von Anastasia Lapsui, Markku Lehmuskallio, Finnland 2000, ausgewählt von Ulrike Ottinger, "Beau travail" von Claire Denis, Frankreich 1999, ausgewählt von Anja Salomonowitz, "D´Est" von Chantal Akerman, Frankreich/Belgien 1993, ausgewählt von Avi Mograbi, und "Die allseitig reduzierte Persönlichkeit - Redupers" von Helke Sander, Deutschland 1977, ausgewählt von Ulrich Köhler.
Hauptprogramm des diesjährigen Forums
Orly
Regie: Angela Schanalec
DarstellerInnen: Josse de Pauw, Bruno Todeschini, Natacha Régnier, Mireille Perrier, Maren Eggert
Der Pariser Flughafen Orly gibt den anonymen Hintergrund für ein Mosaik persönlicher Geschichten und kleiner Dramen. Seit ihren frühen Filmen wird die Regisseurin zu den begabtesten VertreterInnen der Berliner Schule gezählt. 2007 war sie mit "Nachmittag" im Forum vertreten.
Sawako decides (Kawa no soko kara konnichi wa)
Regie: Ishii Yuya
DarstellerInnen: Hikari Mitsushima, Masashi Endo, Kira Aihara, Kotaro Shiga, Ryo Iwamatsu
Japan 2009, 112 Minuten, Japanisch mit englischen Untertiteln
Die flotte Soziokomödie begleitet die Mittzwanzigerin Sawako bei der Rückkehr von einem turbulenten, aber nicht ganz so erfolgreichen Tokio´er Großstadtleben in ihr Heimatdorf, wo ihr Vater, ein Krabbenfabrikbesitzer, im Sterben liegt. Sawako, die sich stets in sympathischer Weise zu ihren Schwächen und Fehlern bekennt, muss sich nun der Herausforderung stellen, einen Platz in der dortigen Gemeinschaft zu finden. Plötzlich überrascht sie alle, indem sie die Fabrik mit viel Energie und Elan aus den roten Zahlen führt.
Hikari Mitsushima gilt als eine der vielversprechendesten Schauspielerinnen Japans.
Our Fantastic 21st Century (Neo-wa na-eui i-shib-il-seki)
Regie: Ryu Hyung-ki
DarstellerInnen: Han Soo-yeon, Lee Hwan
Republik Korea 2009, 83 Minuten, Koreanisch mit englischen Untertiteln
Das reduzierte Melodram erzählt eine leise Geschichte über enttäuschte Hoffnungen und die Individualisierung in modernen Großstädten. Su-young verliert das Interesse an ihrem Modedesign-Studium und investiert immer mehr Zeit in ihren Supermarkt-Job. Um sich eine ersehnte Schönheitsoperation leisten zu können, stiehlt sie bei der Arbeit und verkauft die Waren weiter. In ihrer Beziehung zu ihrem Freund scheint sie Rückhalt zu finden, doch dann geschieht unerwartet ein schwerer Vertrauensbruch.
Imani
Regie: Caroline Kamya
DarstellerInnen: Rehema Nanfuka, Philip Buyi, Stephen Ocen
Uganda/Schweden/Kanada 2010, 82 Minuten, Acholi/Luganda/Englisch mit englischen Untertiteln
In elegant ineinander verschachtelten Episoden erzählt die Regisseurin, die 2007 am Berlinale Talent Campus teilnahm, vom Alltag in Uganda ein Jahr nach dem Bürgerkrieg. Gemeinsam mit ausdrucksstarken Laien-DarstellerInnen erkundet sie den Spannungsraum zwischen Individualisierung und der Suche nach Neuorientierung und Zusammenhalt: Eine Hausangestellte will neben ihrer harten Arbeit in der Stadt ihrer Schwester im Heimatdorf beistehen, deren Ehemann sie schlägt. Ein junger Mann, der in Europa studiert hat, organisiert gemeinsam mit Jugendlichen ein "Breakdance For Social Change"-Event während ein Kindersoldat zu seiner Familie zurückkehrt.
Eine flexible Frau (The Drifter)
Regie: Tatjana Turanskyj
DarstellerInnen: Mira Partecke, Laura Tonke, Bastian Trost, Angelika Sautter
Deutschland 2010, 97 min, Deutsch mit englischen Untertiteln
Mit subtiler Komik porträtiert die Regisseurin eine Frau Anfang vierzig, die ihren Job als Architektin verliert, aber nicht gewillt ist, sich dem Druck der Hartz-IV-Gesellschaft zu beugen.
The Oath
Regie: Laura Poitras
USA 2010, 96 Minuten, Arabisch, Englisch mit englischen Untertiteln
Die Regisseurin reiste in den Jemen, wo sie Abu Jandal traf - ein ehemaliger Leibwächter Osama Bin Ladens, der jetzt als Taxifahrer arbeitet und einen intensiven Briefwechsel mit dem Guantanomo-Insassen und US-Supreme Court-Angeklagten Salim Hamdan führte.
Schnupfen im Kopf (Head Cold)
Regie: Gamma Bak
Deutschland/Ungarn 2010, 93 Minuten, Deutsch, Englisch, Ungarisch mit englischen Untertiteln
In einer autobiografischen Recherche erkundet die Berliner Filmemacherin die Geschichte und die Auswirkungen ihrer eigenen psychotischen Erkrankung und vermittelt einen Einblick in die Behandlung durch psychiatrische Institutionen und PsychotherapeutInnen.
Word is out - Stories of some of our lives
Regie: Robert Epstein
USA 1977, 135 Minuten, Englisch
Amy Heller und Dennis Doros von der Milliarium Zero Distribution sind MitinitiatorInnen der Restauration des ersten Dokumentarfilmes, in dem Lesben und Schwule ausführlich über ihr gegenwärtige Lebenssituation und ihre Biografie berichteten. Vor über dreißig Jahren spielte die grundlegende Durchsetzung der Gay Rights eine wichtige Rolle. In den Interviews werden die unterschiedlichen Umgangsweisen mit den alltäglichen Diskriminierungen deutlich. Eine Vielfalt an Lebensentwürfen entstand so bereits zu Beginn der weltweiten Lesben- und Schwulenbewegung. Berührend sind dabei auch die Reflexionen der Beteiligten zu ihren Coming Out´s Mitte der siebziger Jahre in den USA.
Berlinale Shorts
Ich muss mich künstlerisch gesehen regenerieren
(I Need to Rejuvenate Myself Artistically)
Regie: Ute Schall, Christine Groß
Deutschland, 2009, 20 Minuten, Deutsch mit englischen Untertiteln
DarstellerInnen: Nina Kronjäger, Christine Groß, Margarita Broich
Der Kurzfilm erzählt von der Regisseurin Charlotte (Nina Kronjäger), die einen Dokumentarfilm über Armut und soziales Elend dreht und dabei einem Schwindel aufsitzt: Der Schauspielerin Gloria, die aus Charlottes weltfremder Sicht "authentisch" das Leben einer allein erziehenden Mutter und Hartz IV-Empfängerin spielt.
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60. Berlinale vom 11. - 21. Februar 2010
Israelischer Film auf der 60. Berlinale
Ausführliche Informationen zum Gesamtprogramm finden Sie unter: www.berlinale.de/