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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 23.02.2017


Hadley Hudson. Persona - Models at Home
Hannah Hanemann

2008 begann die als "Rock Princess of Photography" gefeierte amerikanische Fotografin, Models in ihrem Zuhause abzulichten, um die Betrachterin hinter die Fassade scheinbar unnahbarer Lichtgestalten blicken zu lassen.
Das Resultat sind ästhetische Aufnahmen vor chaotischen Kulissen,...




...die den Kontrast zwischen einer perfekten äußeren Erscheinung und einem Leben aus dem Koffer verdeutlichen.

Während ihrer Arbeit als Modefotografin realisierte Hadley Hudson, dass sie sich mehr für die Menschen in der Kleidung als für die Mode selbst interessierte. "Persona. Models at Home" heißt ihr erster Fotoband, der einen Einblick in die private Sphäre ungewöhnlich schöner Menschen geben soll. Die "Persona" ist in der jungianischen Psychotherapie die nach außen hin präsentierte "Maske" eines Menschen. Portraitiert hat die Fotografin die Models in ihren eigenen Wohnungen, Hotels oder im Haus ihrer Eltern, allerdings nicht ganz so leger, wie der Titel vermuten lässt.Einen Blick hinter ihre "Masken" erlaubt die Fotoserie nur in Ansätzen.

Erotik zwischen Cerealien

Denn die Models sehen auf den meisten Bildern nicht viel anders aus, als frau erwarten würde:lasziv und distanziert räkeln sie sich mal auf der Spüle, mal stehen sie oberkörperfrei umgeben von Cerealien-Packungen und Vitaminpräparaten in ihrer Küche, aber immer ist ihr Äußeres auch ohne Photoshop fast makellos schön.
Hadley Hudsons Fotos vermitteln zwar nicht den Glamour, den frau aus Hochglanzmagazinenwie der VOGUE kennt, könnten aber ohne Probleme in einer Ausgabe des VICE Magazineals Modestrecke abgedruckt werden.

Inszenierte Natürlichkeit

Dennoch geben die Aufnahmen zugleich einen intimen Einblick indiverse chaotische Wohnungen, kleine vollgestopfte Räume und verdreckte Küchen, die im Kontrast zur glitzernden Welt der Laufstege und Beauty-Kampagnen stehen. Filmposter, alte Vinylplatten und leere Zigarettenschachteln türmen sich in unaufgeräumten Zimmern, in deren Mitte meist spärlich bekleidete Schönheiten sitzen und gelangweilt in die oder an der Kamera vorbei blicken. Viele der jüngeren Models wohnen noch zu Hause, bei den einen zieren Kuscheltiere und Kindheitsfotos die Zimmer, bei den anderen Aschenbecher, Schnapsflaschen und Chipstüten. Anhand des Inventars, der Bücher, CDs und Poster, lassen sich ihre Interessen, Wünsche und Verletzlichkeiten erahnen.

Hudsons Aufnahmen verströmen unbeschwerte Erotik, Verspieltheit und Coolness. Es ist wahr: die Betrachterin bekommt hier Models zu Hause zu sehen, auch den ein oder anderen Pickel oder einen Ansatz von Cellulitis. Trotzdem wirken einige Fotos sehr gestellt und deshalb unnatürlich, glatt.
Weniger Inszenierung und mehr Improvisation hätte ihre emotionale Kraft vielleicht verstärken können.

AVIVA-Tipp: "Persona. Models at Home" von Hadley Hudson liefert ästhetische Bilder von Models in ihrem natürlichen Habitat. Dabei handelt es sich jedoch nicht um dokumentarische Momentaufnahmen, sondern um sorgsam inszenierte Kunst - und Aktfotographie.

Zur Fotografin: Hadley Hudson lebt in Berlin und New York. Sie studierte Kunst an der "UCLA School of the Arts" und der "Parsons School of Design" in Paris. Ihr Markenzeichen ist die Verbindung von Erotik und Punk, mit der sie sich als Fotografin bekannter Musikgrößen wie Peaches, Mando Diao oder den Black Eyed Peas einen Namen machte. Die Arbeiten der Künstlerin wurden in Paris (Colette), Hamburg (Deichtorhallen) und Berlin (Camera Work &Pavlov´s Dog) ausgestellt.
Ihre Editorials wurden u.a. im Rolling Stone, der Zeit, dem New York Times Magazine, der Vogue, dem Playboy und der Sunday Times veröffentlicht.
Hadley Hudson wurde für mehrere LEAD Awards nominiert.
2016 erschien mit "Persona. Models at Home" ist ihr erstes Fotobuch.
Mehr Infos: www.hadleyhudson.net

Hadley Hudson. Persona
Models at Home

Text(e) von Michael Gross
Englisch
Hatje Cantz Verlag, erschienen 2016
128 Seiten, 84 Abb., gebunden, 29,00 x 22,00 cm
40,00 Euro
ISBN 978-3-7757-4246-7
www.hatjecantz.de

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Beitrag vom 23.02.2017

AVIVA-Redaktion