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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 12.07.2012


Brigitte - Et vous, tu m´aimes?
Katarina Wagner

Vintage-Chic, große Brillen und ein Herz wie Kaugummi. Der neue Geheimtipp aus Frankreich nimmt uns mit auf eine swingende Zeitreise in die Sechziger, Siebzieger und zurück. Ausgezeichnet als...




... beste Live-Show bei der diesjährigen Verleihung des wichtigsten französischen Musikpreises "Victoires de la Musique", veröffentlicht das Duo ihr Debüt im August endlich auch in Deutschland.

Eine französische Gisele Bündchen, mit blonder Mähne und viel Hippie-Schmuck, der klimpert, wenn sie enthusiastisch gestikuliert und eine ruhigere Brünette, die mit ihrer riesigen Brille wie ein stylischer Mix aus Velma von Scooby Doo und Sixties-Chic aussieht. Aurélie Saada und Sylvie Hoarau sind Brigitte. Wie Brigitte Bardot, Brigitte Fontaine, die Tante Brigitte, die so gut kocht, die Nachbarin, die Kollegin. In Brigitte steckt ein bisschen von jeder Frau und in jeder Frau steckt ein bisschen von Brigitte .

Aurélie: "Before Brigitte we were losers"

Schon seit ihrer Kindheit waren die zwei Sängerinnen von Musik umgeben. Sylvies Vater, der von der Insel La Reunion stammt, begeisterte die Tochter nicht nur für die kreolische Küche, sondern mit seiner Gitarre auch für Musik und Gesang. Die Pariserin Aurélie, Tochter tunesicher JüdInnen, übernahm von ihrer Mutter die Begeisterung für Led Zeppelin und trat schon früh in der Pianobar ihres Onkels mit Stücken von Stevie Wonder, Prince und Elton John auf. Außerdem spielte sie in der jiddischen Band Adama. Aurélie versucht sich aber auch in anderen Kunstformen: Sie besuchte Kurse an Theaterschulen und ist seit den neunziger Jahren in Kurzfilmen, TV-Serien und am Theater zu sehen, noch lieber arbeitet sie allerdings als Autorin hinter der Bühne.
Ihr liebstes Steckenpferd bleibt bis heute jedoch die Musik. Im Alter von 23 Jahren unterschrieb Aurélie ihren ersten Plattenvertrag und veröffentlichte unter dem Pseudonym Mayane Delem 2003 mit mäßigem Erfolg ihr erstes Soloalbum Un monde ailleurs.
Ihr zweites Album produzierte sie selbst, nun nur noch als Mayane (hebräisch für "die Quelle"). Für drei ihrer Songs bat sie die Sängerin der Band Vendetta, die Musik zu schreiben. Aurélie sah die Band auf einer Party in Paris und war sofort von der Frontfrau begeistert. Es war Sylvie Hoarau.

Diese wurde in der Hafenstadt Rouen geboren, zog Anfang der Neunziger nach Caen, wo sie mit zwei Schulfreunden ihre Band Topaze gründete. Zusammen gingen sie 1995 nach Paris, wo sie noch einen Schlagzeuger fanden. Das Rock-Quartett gewann einige Wettbewerbe, zum Beispiel die NRJ Coca Cola Playlist und spielte auf ihren Tournees in Frankreich, Belgien und in der Schweiz mehr als 200 Konzerte, unter anderem als Vorband für Eagle-Eye Cherry und Mel C. Mittlerweile hatten sie auch ihren Namen geändert. Das passierte eher zufällig, als ein Radiomoderator Band- und Songtitel versehentlich vertauschte. "Voici Vendetta, avec le titre Topaze". 2004 erschien ihr erstes Album Drôle d´idée beim Label Barclay, der große Erfolg blieb jedoch auch für Sylvie aus. Ihren zweiten Longplayer stellten sie zwar fertig, allerdings wurde er nie veröffentlicht. Daraufhin löst sich Vendetta auf.

Ein neuer Anfang

Nachdem Sylvie die Musik für Aurélies Songs komponiert hatte, beschlossen sie, gemeinsam die Musik zu schreiben, die sie schon immer spielen wollten. Morgens brachte Sylvie ihre Kinder in die Schule und machte sich dann auf den Weg zu Aurélie und deren zwei kleinen Töchtern. Am Küchentisch setzten sie sich zusammen, komponierten Songs, weinten, lachten, und wurden als Sängerinnen und Musikerinnen selbstbewusster.

Der musikalische Durchbruch für Brigitte kam mit ihrer Coverversion des NTM-Rapsongs Ma Benz, die sie für ein Vintage Erotik Festival aufgenommen hatten. In Brigittes Version wollten sie und Sylvie die positive Botschaft besonders für Frauen herausstellen. Es geht um Sexualität und Begehren – nicht allein Männerthemen. Ihr Coversong ist ein Aufruf, sich freizumachen von Restriktionen: "don´t be afraid to be the most beautiful, the most sexy woman you have inside you"

Der Videoclip dazu wurde ein Internethit und bei MTV und im Radio gespielt. Bald unterschrieben die Zwei einen Plattenvertrag bei 3eme bureau . Das Label ließ ihnen absolute artistische Freiheit: Die individuell gestalteten Outfits, Fotoserien und Musikvideos, die das Meisterwerk Brigitte abrunden, sind allesamt den kreativen Köpfen von Sylvie und Aurélie entsprungen.

Et vous, tu m´aimes?

Auf ihrem gemeinsamen Debut feiern die zwei Französinnen die Weiblichkeit in all ihren Facetten. Für sie sind Frauen immer vielseitig: "We don´t have to choose" So singen die beiden auf ihrem Album mal schwärmerisch, verliebt, witzig, forsch, sexy, selbstsicher, aber auch mal eifersüchtig und tieftraurig.

Inspirieren lassen sie sich von den Beatles, Billy Holiday, George Brassens, Queen, ABBA, Klaus Nomi, Stevie Wonder, Joni Mitchell und Jeanne Moreau. Auf einen Stil festlegen möchten sie sich jedoch nicht. Die Zwei sind einfach sie selbst und spielen die Musik, die ganz natürlich dabei entsteht.

Es sind Songs zum Tanzen und zum Träumen, wobei Brigitte auch über ernste Themen in leichten Melodien singt. Quel beau dimanche klingt wie ein unbeschwerter Spaziergang im Park, handelt aber tatsächlich von der Frage, ob dies ein schöner Tag für einen Selbstmord sei.
In Je veux en enfant erzählt eine Frau davon, dass sie alles in ihrem Leben schafft, nur nicht, ein Kind zu bekommen. Sehr berührend ist es fast ein leiser Tanz dieser Frau mit sich selbst und ihrer Sehnsucht.

Die Künstlerinnen beschreiben ihre Lieder auch als Liebeserklärung an die Männer. In dem fröhlich-poppigen Folksong Cœur de chewing gum zeigt Brigitte ihren Humor und beschreibt ihr Herz als Kaugummi: es bleibt einfach an allen Jungs kleben, die sie küsst – auch wenn diese nicht die Hübschesten sind.

Das tanzbarste Stück ist Oh la la. Ihren Disco-Popsong performen sie auch in englischer Version in einem Werbeclip von Lancôme. Sehenswerter ist ihr eigener Clip. Die Künstlerinnen haben ihn wie einen Trailer aufgebaut, der Lust auf einen Brigitte-Film macht. Dazu haben sie aber erstmal keine Zeit. Der Erfolg in Frankreich und die steigende Aufmerksamkeit für das Duo im Ausland bieten schon Aufregung genug.

AVIVA-Tipp: Brigitte ist ein Gesamtkunstwerk. Zwei starke Frauen, die sich selbst in Szene setzen, mal fröhlich, mal traurig. Ihre Lieder erinnern an verrauchte Eckkneipen, Discolichter, Charleston-Kleider und Blumen im Haar. Ein unverwechselbarer Sound, der sehr vielseitig ist und fragt: Sind wir nicht alle ein bisschen Brigitte?

Lesen Sie auch das AVIVA-Interview mit Sylvie und Aurélie (English)

Brigitte
Et vous, tu m´aimes?

Label: 3eme bureau/Wagram Music
VÖ: 31.08.2012

Weitere Infos unter:

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Musikvideo zu "Oh la la"

Acoustic-Version von "CÅ“ur de Chewing Gum"

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Beitrag vom 12.07.2012

AVIVA-Redaktion