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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 15.05.2013


Clara Luzia - We are fish
Sabine Reichelt

Mit ihrem neuen Album erkundet die österreichische Sängerin neue Gewässer: der Songwriterinnen-Sound erhält Rock-Einflüsse. Die Band harmoniert dabei wunderbar und die Künstlerin hat gute Gründe,...




...diese nicht rein männlich zu besetzen.

In der österreichischen Late-Night-Show "Willkommen Österreich" wurde Clara Luzia im Februar dieses Jahres, kurz vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums, gefragt, warum dieses jetzt "lauter, härter und rougher" sei als alle vorhergehenden Platten und die Sängerin sich damit "weg von der Lagerfeuerromantik, weg vom gediegenen Folk" bewegt habe. Keine einzige Rezension kam bisher umhin, auf diesen Stilwechsel einzugehen, der in "We are fish" stattgefunden hat. Warum also diese Hinwendung zum Rockigen, zu dröhnenden Bassklängen und treibenden Schlagzeugbeats? "Weil ich´s schon ein bisschen fad fand", erklärt Luzia und übt sich sympathisch im Understatement.

Dabei hat auch dieses Album seine ruhigen und wunderschön arrangierten Momente, wie im Song "Light is faster than sound", wenn Gitarre, Bratsche, Cello, Klavier, Klarinette, Gesang und ein sanftes Schlagzeug aufeinandertreffen. Lauter wird es im Titel gebenden Song "We are fish", in dem Heidi Dokalik ihr Cello wie eine Schiffssirene aufheulen lässt und Ines Perschy sich am Schlagzeug so richtig verausgaben kann. Besungen wird das große Ganze, der Mensch als ursprünglich natürliches Wesen, das sich dann über andere erhob. Aber auch die Probleme der modernen Social-Media-Selbstdarstellungswelt werden in einem Titel aufgegriffen: "Whatever I feel it means nothing/ when there´s nobody watching". Auf diese Weise drehen sich die Texte meist reflektierend um das ganz persönliche oder auch gesamtgesellschaftliche Unbehagen ("The menace is my head", "Monster in you") und bleiben damit doch dem Liedermacherinnen-Stil treu.

Erlebt mensch Clara Luzia live, versprüht sie einen spröden Charme. Die Interaktion mit dem Publikum beherrsche sie nicht so gut, verrät sie den Konzert-BesucherInnen, weshalb sie sich in den kleinen Ansprachen zwischen den Liedern erst auf das Wesentlichste beschränkt und dann doch um Kopf und Kragen redet. Ihre Schlagfertigkeit bekamen auch die Moderatoren jener Late-Night-Show zu spüren. Auf die Frage, wie es eigentlich sei, so als Frau im knallharten und männerdominierten Business, antwortete die Musikerin mit der Gegenfrage: "Wie ist es, so als Mann so Scheißfragen zu stellen?"

Dementsprechend feministische Kriterien gelten für Luzia auch bei der Besetzung ihrer Band: "Ich könnte mir durchaus vorstellen, in einer reinen Frauenband zu spielen, reine Männerband mit mir als einziger Frau hingegen nicht – aber weniger aus persönlichen, denn aus politischen Gründen", positionierte sie sich gegenüber dem lesbischen Bielefelder Stadtmagazin "weird" im April 2013. Neben ihr als Gitarristin und Sängerin, und der Schlagzeugerin Ines Perschy sowie der Cellistin Heidi Dokalik ergänzen Max Hauer an Klavier und Bass und Paul Schreier (pauT) an Bass und Klarinette das Ensemble.

Wie Luzias vorhergehende Alben ist auch "We are fish" im eigenen Label Asinella Records erschienen. Dort veröffentlicht die Sängerin, Texterin, Komponistin und eben auch Produzentin neben ihren eigenen Platten die anderer KünstlerInnen, unter ihnen "Queen of Noise" von Bettina Köster, die in den 1980er Jahren mit der Kult-Band "Malaria" Aufsehen erregte. Von "weird" darauf angesprochen, dass die meisten MusikerInnen des Labels Frauen sind, entgegnet Luzia: "Ich wollte nie ein reines "Frauenlabel" betreiben, das wäre unsinnig und kontraproduktive Ghettoisierung, aber dass sich bei mir mehr Frauen als Männer tummeln, war mir schon wichtig, da ich gerade bei Labels immer wieder sehe, dass viele Roster ausschließlich männlich sind, was im 20. Jahrhundert doch erstaunlich ist."

AVIVA-Tipp: Stimmige, anspruchsvolle und abwechslungsreiche Arrangements, Folk-, Rock- und Pop-Elemente, echte Gefühle und eine sympathisch-feministische Künstlerin, die gemeinsam mit ihrer hervorragenden Band all das zusammen hält. Mehr kann mensch von einem Album doch gar nicht wollen.

Clara Luzia
We are fish

Label: Asinella Records
VÖ: 29. März 2013
www.asinellarecords.com

Mehr Infos:

www.claraluzia.com

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Interview mit "weird – das Stadtmagazin für lesbische Frauen in Bielefeld": www.weird-bielefeld.de (April 2013)

Interview zum Album in der Fernsehsendung "Willkommen Österreich": www.willkommen-oesterreich.tv (Februar 2013)

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Clara Luzia – falling into place (2011)

Bettina Köster – Queen Of Noise (2009)

Autonervous (2006)

Sophie Hunger – The Danger Of Light (2012)

Soap and Skin – Lovetune for Vacuum (2009)


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Beitrag vom 15.05.2013

Sabine Reichelt