Die BAR JEDER VERNUNFT präsentiert vom 23. Juni – 2. Juli 2015: Katrin Sass - Königskinder - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Music



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 27.05.2013


Die BAR JEDER VERNUNFT präsentiert vom 23. Juni – 2. Juli 2015: Katrin Sass - Königskinder
Julia Lorenz

Auf musikalischem Streifzug durch ihre Karriere bekennt sich die Schauspielgröße zu ihrer Vorliebe für Jazz, Karat und Kurt Weill - und wagt nach ihren schauspielerischen Zeitreisen auch eine...




...vertonte Hommage an die Vorwendezeit.

Spätestens seit "Weißensee" hat sich herumgesprochen, dass die Schauspielerin Katrin Sass auch eine sehr beeindruckende Sängerin ist. Ihr neues Programm heißt "Königskinder" und ist als CD im Jazzregal zu finden, doch es steht auch bei Chanson, Lied und Musik für Erwachsene nicht falsch.
Begleitet wird Katrin Sass von Henning Schmiedt.
BAR JEDER VERNUNFT
Schaperstraße 24
10719 Berlin-Wilmersdorf
Zum Programm der Bar jeder Vernunft:
www.bar-jeder-vernunft.de

"Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb/ Sie konnten zusammen nicht kommen/ Die Mauer war viel zu hoch", singt Katrin Sass in ihrer Rolle als Dunja Hausmann in der ARD-Serie "Weißensee". In Anlehnung an Volksballade aus der Antike erzählt die fiktive Ostberliner Protestsängerin die Geschichte zweier Liebender, deren Wege durch die innerdeutsche Grenze getrennt werden.

Ob sie auf der Bühne gegen das SED-Regime ansingt oder in "Good Bye, Lenin!" das Ende des "real existierenden Sozialismus" verkraften muss: Sass´ DDR-Jugend scheint die in Schwerin geborene und aufgewachsene Schauspielerin für die filmische Bewältigung der deutsch-deutschen Geschichte zu prädestinieren. Dabei begann ihre Karriere lange vor der Wiedervereinigung: Ihre Rollen in den Spielfilmen "Bis dass der Tod euch scheidet" und "Bürgschaft für ein Jahr" brachten ihr Anfang der 1980er Jahre neben KritikerInnenlob und Ruhm auch den Silbernen Bären der Berlinale ein.

Eine Konstante in ihrer mittlerweile über dreißigjährigen Karriere ist die Musik: Vier Jahre vor "Weißensee" wirkte die Schauspielerin 2006 in Klaus Maria Brandauers Inszenierung von Brechts "Dreigroschenoper" am Metropol-Theater Berlin mit. Aber nicht nur im Rahmen von Kino-, Fernseh- oder Theaterproduktionen, sondern auch abseits der Kamera griff die Aktrice in den vergangenen zehn Jahren gern zum Mikrofon - und lässt mit ihrem Album "Königskinder" nun eine breitere ZuhörerInnenschaft an ihrer musikalischen Leidenschaft teilhaben. Persönliche Offenbarungen wird mensch dabei auf den ersten Blick kaum finden: Nicht als Songschreiberin, sondern als Interpretin tritt die Sass in Erscheinung und kleidet dabei eine sehr persönliche Klassiker-Selektion in ein neues, jazziges Gewand.

In Kollaboration mit einem erfahrenen Musikertrio und dem Filmorchester Babelsberg stellt die Künstlerin unter anderem Pete Seegers Anti-Kriegs-Statement "Sag mir wo die Blumen sind" dem einstigen DDR-Pionierlied "Unsere Heimat" gegenüber, das auch in Wolfgang Beckers "Good Bye, Lenin!" zu hören war. Eine Entscheidung, die kritik- und diskussionswürdig zugleich ist: Obwohl der Song auf erster Ebene keine ideologische Botschaft transportiert, bleibt die Vereinnahmung des Friedenslieds durch die DDR-Regierung eine historische Tatsache. Auch VertreterInnen rechten Gedankenguts behielten sich in der Vergangenheit vor, den zentralen Volksbegriff für ihre Zwecke umzuinterpretieren, wie auch Journalist Kristian Schulze im "Ostblog" der ZEIT online zu bedenken gibt. Ob ZuhörerInnen den Song losgelöst vom Kontext betrachten oder ihm durch die thematische Einbettung auf "Königskinder" unter einem anderen Blickwinkel begegnen möchten, ist dabei jedem/r selbst überlassen.

Neben Stücken mit politischen Implikationen knöpft sich Sass allerdings auch radiotauglichere Evergreens aus Ost und West vor - mit verschiedensten Effekten: Während ihre unprätentiöse Umsetzung dem Karat-Hit "Über sieben Brücken" den schweren Pathos nimmt und es ihr sogar gelingt, "Über den Wolken" von Reinhard Mey mit minimalistischer Instrumentalisierung aus der Schlagerecke zu holen, verliert Karussells "Als ich fortging" durch die unruhigen Percussions seine stille Melancholie.
Neben den Ost-Referenzen der Protest-Chansons aus "Weißensee" und "Unsere Heimat" nimmt Sass ebenfalls Bezug auf eine andere Generation von politisch Verfolgten und ExilantInnen und interpretiert Kurt Weills "Mack the Knife" aus der Dreigroschenoper, die 1933 von den Nationalsozialisten verboten wurde.

Eine lieblos zusammengestückelte, kommerziell motivierte Compilation - wie die Sanges-Experimente mancher SchauspielerInnen hervorbrachten - muss in Katrin Sass´ Fall nicht befürchtet werden: Obwohl die gebürtige Schwerinerin für ihr Debutalbum nicht selbst zur Feder griff, lässt der Symbolgehalt der Songauswahl keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine Herzensangelegenheit handelt. Sass´ enger biografischer und persönlicher Bezug zu den Themen auf "Königskinder" erlaubt einen intimen Zugang zu den Songs, die sie nicht bloß covert, sondern sich mit ihrer außergewöhnlichen Stimme zu eigen macht.

AVIVA-Tipp: Musikalisch entspannt, unaufgeregt und gefällig, dabei authentisch und selbstbewusst nimmt die Künstlerin ihren ersten Tonträger in Angriff. Konsequent entzieht sie sich dabei Erwartungshaltungen und Trends - und scheitert deshalb nicht an den Neuinterpretationen großer Vorbilder.

Zur Künstlerin: Katrin Sass wurde 1956 in Schwerin geboren. Nach ihrer Schauspielausbildung in Rostock gab sie mit dreiundzwanzig Jahren ihr Filmdebut in Heiner Carows Spielfilm "Bis dass der Tod euch scheidet". Sass etablierte sich neben Angelica Domröse als eine der beliebtesten Schauspielerinnen der DDR und wirkte neben zahlreichen DEFA-Filmen an vielen Theaterproduktionen mit. Nach 1990 blieben die Angebote jedoch aus, ihre Rolle in der Fernsehserie "Polizeiruf 110" war ihr einziges Engagement. Sass, die seit ihrem neunzehnten Lebensjahr mit einem Alkoholproblem kämpfte, wurde aufgrund ihrer Krankheit 1998 vom ORB gekündigt. Den Umgang mit ihrer Sucht verarbeitete sie 2003 in ihrer Autobiografie "Das Glück wird niemals alt". Nach dem Abstieg in den 1990er Jahren läutete ihre Rolle im Sozialdrama "Heidi M." im Jahre 2001 ihr Comeback ein. Internationale Aufmerksamkeit wurde ihr schließlich 2003 durch den Publikumsliebling "Good Bye, Lenin!" zuteil. Seitdem wirkte sie an vielen Kino- und Fernsehproduktionen mit und lebt heute in Berlin und Mecklenburg.
(Quelle: Edel Kultur und www.theaterkontakte.de)

Katrin Sass
Königskinder

Label: Edel Content
Vertrieb: Edel Kultur
VÖ: 17. Mai 2013

Weitere Infos unter: www.jpc.de

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Beitrag vom 27.05.2013

Julia Lorenz