Bundesweite Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus rund um den 9. November - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 08.11.2019


Bundesweite Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus rund um den 9. November
AVIVA-Redaktion

Über 170 Veranstaltungen gegen Antisemitismus während der Aktionswochen bundesweit und Projektionen an öffentlichen Gebäuden machen antisemitische Straftaten sichtbar. Das diesjährige Kampagnenmotto "Du Jude! #sowhat?" reagiert auf antisemitische Beleidigungen unter Jugendlichen.




Zum 17. Mal findet mit den Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus die bundesweit größte Kampagne gegen Antisemitismus statt. Durchgeführt werden die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus von der Amadeu Antonio Stiftung und dem Anne Frank Zentrum.

Die Aktionswochen finden seit 2003 jährlich statt. Seither waren über 500 Partner*innenorganisationen mit mehr als 3000 Veranstaltungen in 200 Orten beteiligt. Die Aktionswochen werden gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!"

Erschreckendes Ausmaß von Antisemitismus unter Jugendlichen

Die Arbeit mit jungen Menschen ist ein zentraler Pfeiler der Kampagne. Zahlreiche Fälle der letzten Monate haben gezeigt, dass antisemitische Beleidigungen, Bedrohungen und Gewalt an Schulen ein erschreckendes Maß annehmen. Die Betroffenen berichten fast immer, dass sie sich komplett alleingelassen fühlen. Im Rahmen zahlreicher Workshops und Projekttage an Schulen wird für Antisemitismus sensibilisiert und über das Judentum aufgeklärt. Am 30. November findet beispielsweise im Esslinger Jugendclub KOMMA das Festival "Youth against Antisemitism" statt. Ende des Jahres wird eine Handreichung für Lehrer*innen zum Umgang mit Antisemitismus in der Grundschule erscheinen, die Konzepte und Methoden für pädagogische Fachkräfte enthält. "Die Prävention von Antisemitismus kann nicht früh genug beginnen. Schon in der Grundschule braucht es Konzepte zur Vermittlung von Vielfalt und zur kritischen Auseinandersetzung mit antisemitischen Stereotypen und Diskriminierung", sagt Patrick Siegele, Direktor des Anne Frank Zentrums.

Slogan "Du Jude! #sowhat?" soll Debatte um ´Jude´ als Schimpfwort anregen

Das diesjährige Kampagnenmotto greift die als Beleidigung beabsichtigte Ansprache "Du Jude!" provokant auf und hinterfragt mit dem Zusatz "so what?", was überhaupt schlimm daran sei, jüdisch zu sein. Um deutlich zu machen, dass ´Jude´ kein Schimpfwort ist, werden dem Wort auf vier verschiedenen Motiven alltägliche Gegenstände gegenübergestellt, die ebenfalls als Beleidigung verwendet werden. Denn auch als Vogel, Lappen, Pfosten oder Lauch beschimpfen sich vor allem Jugendliche gerne. "Jüdische Initiativen und Interessenvertretungen sind zunehmend besorgt über die Verwendung des Wortes ´Jude´ als Beleidigung an deutschen Schulhöfen. Wer das Wort ´Jude´ als Abwertung verwendet, benutzt eine antisemitische Äußerung. Wir wollen nicht mit erhobenem Zeigefinger auftreten, sondern bewusst Aufmerksamkeit erregen und zur Diskussion anregen", erklärt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. Die Kampagnenmotive werden im November und Dezember auf Großplakaten in Berlin und mehreren Städten Nordrhein-Westfalens gezeigt.

Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow, Pate der diesjährigen Aktionswochen gegen Antisemitismus, ruft dazu auf, sich als Gesellschaft gegen Antisemitismus zu stellen: "Gerade nach dem Anschlag von Halle müssen wir Solidarität mit den in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden ganz offen zeigen. Wer diesen Anschlag als ´Alarmsignal´ bezeichnet, ignoriert damit all die anderen Alarmsignale, die es schon seit Jahrzehnten gibt."

Seit Oktober bis Mitte Dezember 2019 finden mehr als 170 Veranstaltungen wie Vorträge, Workshops und Seminare, Projekttage in Schulen, Zeitzeug*innengespräche, Mahngänge, Konzerte, Theater- und Filmvorstellungen statt. Im Rahmen zahlreicher Workshops und Projekttage an Schulen wird für Antisemitismus sensibilisiert und über das Judentum informiert. In Kassel, Köln und Bergisch Gladbach werden Auszüge aus der Chronik antisemitischer Straftaten der Amadeu Antonio Stiftung an öffentliche Gebäude projiziert, um auf Gewalt und Diskriminierung aufmerksam zu machen, die Jüdinnen und Juden alltäglich erleben.

Informationen zu den Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus, der Kampagne "Du Jude! #sowhat?" und dem Programm unter:

www.annefrank.de

www.amadeu-antonio-stiftung.de

Eine Übersicht der diesjährigen Veranstaltungen der Aktionswochen ist online unter: www.amadeu-antonio-stiftung.de

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Jahresbericht von RIAS Berlin: Antisemitismus 2018 gewalttätiger und direkter
Häufiger als zuvor nahm Antisemitismus im vergangenen Jahr in Berlin verrohte Formen an. Dies geht aus dem "Bericht antisemitischer Vorfälle 2018" hervor, den die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin) am 17.04.2019 vorstellte. In ihrer - auf AVIVA-Berlin veröffentlichten - Pressemitteilung dokumentiert RIAS Berlin Zahlen, Fakten und O-Töne. Außerdem in diesem Beitrag: Die AVIVA-Linkliste informiert zu Initiativen und Organisationen, die sich gegen Antisemitismus engagieren. (2019)

Antisemitismus in der Schule: Erste Bundesweite Bestandsaufnahme dokumentiert geringes Problembewusstsein und Engagement bei schulischen AkteurInnen und Bundesländern
Antisemitische Haltungen von LehrerInnen und SchülerInnen, antisemitische Inhalte und Weiterverbreitung von Klischeebildern in Schulbüchern. Das Schul- und Universitätssystem weist diverse Schwachstellen auf, die Antisemitismus in Bildungseinrichtungen erst möglich machen. Das Gutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin mit der Universität Gießen vom Januar 2019 liefert zwar keine Zahlen. Dafür zeigt es präzise auf, wo Handlungsbedarf besteht.

Erste bundesweite Meldestelle für antisemitische Vorfälle gegründet - Bundesverband RIAS
Betroffene und ZeugInnen von antisemitischen Vorfällen können diese seit dem 20.12.2018 nun auch bundesweit melden. Die 2015 gegründete Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS Berlin) stellt dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) seine Meldetechnologie zur Verfügung. (2018)

RIAS-Bericht über das erste Halbjahr 2018: Antisemitismus gewalttätiger und gezielter
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) stellte am 25.10.2018 den Bericht antisemitischer Vorfälle von Januar bis Juni 2018 vor. Insgesamt wurden 527 Vorfälle in Berlin erfasst. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (514 Vorfälle) blieb die Gesamtzahl erfasster antisemitischer Vorfälle in Berlin konstant auf hohem Niveau. Besonderen Anlass zur Sorge gibt die deutliche Zunahme gemeldeter antisemitischer Angriffe und Bedrohungen. Mehr Informationen sowie Links zu Initiativen gegen Antisemitismus auf AVIVA-Berlin. (2018)

Langzeitstudie im Juli 2018 erschienen: Antisemitismus 2.0 und die Netzkultur des Hasses
Das Thema: "Judenfeindschaft als kulturelle Konstante und kollektiver Gefühlswert im digitalen Zeitalter". Die auf umfangreichem Datenmaterial basierende Studie zeigt unter anderem: "Antisemitismen haben im Netz signifikant zugenommen und der klassische Judenhass ist vorherrschend". AVIVA meint: Die Ergebnisse sind wenig überraschend, den "Betroffenen" in allen Facetten seit Jahren bestens bekannt. Und doch: Die große Medienpräsenz auf genau diese Untersuchung zeigt endlich den dringenden Handlungsbedarf auf. (2018)

Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. (JFDA) begeht 10-jähriges Jubiläum
Mit einer Feier im Festsaal des Rathauses Charlottenburg hat das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. (JFDA) am 26. Juni 2018 zusammen mit rund 200 GästInnen sein 10-jähriges Bestehen gefeiert. Lala Süsskind, die Vorsitzende des JFDA, Levi Salomon, Sprecher des JFDA und Samuel Salzborn, Gastprofessor am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin äußern Hoffnungen und Forderungen. Eine Bestandsaufnahme. (2018)

Bericht antisemitischer Vorfälle in Berlin 2017 vorgelegt: Anzahl der Vorfälle bedenklich
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) legte am 18. April 2018 ihren Bericht antisemitischer Vorfälle für das vergangene Jahr vor. Für 2017 hat RIAS insgesamt 947 antisemitische Vorfälle in Berlin erfasst. Im Jahr 2016 wurden 470 antisemitische Vorfälle in Berlin registriert, im Jahr 2015 waren es 405 Fälle. (2018)

ZWST eröffnet neue Beratungsstelle für Betroffene antisemitischer Gewalt in Berlin
Mit der neuen Beratungsstelle soll ein Angebot speziell für Ratsuchende nach Erfahrungen antisemitischer Gewalt geschaffen werden, das sich durch einen niedrigschwelligen Ansatz auszeichnet. (2017)

Zahl gemeldeter antisemitischer Vorfälle in Berlin bleibt hoch
Im Jahr 2016 erfasste die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) 470 antisemitische Vorfälle in Berlin. Die Zahl der registrierten Vorfälle ist damit gegenüber dem Vorjahr (2015: 405 Fälle) um 16 % angestiegen. Die Zahl der von Antisemitismus Betroffenen hat sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. (2017)

Kooperation will Antisemitismus sichtbar(er) machen und den Betroffenen zur Seite stehen

Hass ist keine Meinung. Nicht mal im Internet
Unter diesem Motto launcht das #NoHateSpeech Movement seine Webseite mit einem Online-Flashmob gegen Hass im Netz am 22. Juli 2016. So will die Initiative langfristig Strukturen für aktives Engagement gegen Online-Hetze schaffen. (2016)

#NichtEgal - Initiative gegen Hass im Netz
Hasskommentare nehmen in den sozialen Netzwerken zu. Am 19. September 2016 startete Youtube eine bundesweite Kampagne, mit der sie die positiven und toleranten Stimmen im Netz verstärken und zeigen will, dass Hass im Netz #NichtEgal ist. (2016)

Kein Byte den Nazis. Online-Kampagne Soziale Netzwerke gegen Nazis
20 soziale Netzwerke des Web 2.0 haben sich auf Anregung von Netz-gegen-Nazis zusammengeschlossen, um ihre UserInnen gegen Rechtsextremismus im Internet stark zu machen. Es geht darum, nicht wegzusehen, Position zu beziehen und das Internet nicht zu einem Raum verkommen zu lassen, in dem Persönlichkeitsrechte und Menschenwürde keinen Wert mehr haben. Mit Linkliste zu weiteren Initiativen. (2010)

Zentralrat der Juden bereitet Klage gegen Google und YouTube vor
Hakenkreuzvideos und brauner Sumpf auf YouTube. Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland geht mit einstweiliger Verfügung bei Hamburger Gericht gegen die US-Firma vor. (2008)

"Mit Antisemitismus und Antiamerikanismus in die Charts"
Immer mehr rechtsextreme und verfassungsfeindliche Inhalte finden bei Internetportalen wie youtube und myspace Verbreitung und gelangen so ungefiltert in die Kinderzimmer und Schulen. (2007)




Quelle: Pressemittelung vom Anne Frank Zentrum und der Amadeu Antonio Stiftung, 08.11.2019.


Public Affairs

Beitrag vom 08.11.2019

AVIVA-Redaktion