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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 11.03.2013


Katja von der Bey erhält Berliner Frauenpreis 2013
Lou Zucker

Die Kunsthistorikerin ist Geschäftsführerin der 1989 gegründeten Frauengenossenschaft "WeiberWirtschaft eG", die in der Anklamer Straße Europas größtes Gründerinnen- und Unternehmerinnenzentrum...




...betreibt und damit einen langjährigen Beitrag für die Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft leistet.

Vorbild und Anlaufstelle für Existenzgründerinnen

Von der Bey ist die dreiundzwanzigste Trägerin dieser Auszeichnung, mit der jährlich eine Berlinerin für ihr besonderes Engagement für Frauen und für die Gleichberechtigung der Geschlechter geehrt wird. Die Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen Dilek Kolat (SPD) verlieh ihr den mit 3.000 Euro dotierten Preis anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März im Rahmen eines feierlichen Empfangs im Ludwig Erhart Haus.

© Sharon Adler. Dilek Kolat und Preisträgerin Katja von der Bey


Dilek Kolat bezeichnete die Preisträgerin als "eine engagierte Streiterin für das Thema Chancengleichheit von Frauen in der Wirtschaft und für die wirtschaftliche Selbständigkeit von Frauen. Sie hat die Frauengenossenschaft WeiberWirtschaft zu einem erfolgreichen und innovativen Gleichstellungsprojekt und Deutschlands größtem Gründerinnenzentrum weiterentwickelt. Dieser "Standort für Chefinnen" ist ein unverzichtbares Navigationsinstrument für Frauen, die an einer wirtschaftlichen Selbstständigkeit interessiert sind. Katja von der Bey wird als kompetente Ansprechpartnerin für Frauen und Existenzgründerinnen in Berlin geschätzt. Sie trägt mit ihrem tatkräftigen Einsatz dazu bei, das vielfältige kreative Schaffen von unternehmerisch tätigen Frauen in das öffentliche Bewusstsein zu rücken."

"Frauen, bildet Banden!"

Die Genossinnenschaft mit derzeit 1700 Mitgliedern hat zum Ziel, Frauen bei der Existenzgründung zu unterstützen, unter anderem durch Beratungen, Vernetzungstreffen und jüngst auch durch Mikrokredite zwischen 1.000 und 10.000 Euro, welche die WeiberWirtschaft zusammen mit dem Verein Goldrausch e.V. vergibt. Wie Senatorin Kolat betonte, sei es für Frauen oft schwierig, diese kleineren, für die Existenzgründung nötigen Summen von der Bank zu erhalten. Von der Bey warb in ihrer Preisrede um Unterstützerinnen für das neue Projekt, denn es fehlten, so die Geschäftsführerin, noch etwa 100 GenossInnenschaftsanteile um das Ziel eines Mikrokreditfonds von 150 000 Euro zu erreichen. Sie selbst werde einen Teil des Preisgeldes in fünf neue Anteile investieren, welche die Genossinnenschaft schon für 103 Euro an ihre Mitglieder vergibt.

Das Gründerinnenzentrum in der Anklamer Straße bietet zudem Unternehmerinnen die Möglichkeit, schon ab 14 Quadratmetern zu moderaten Preisen einen Raum zu mieten und erleichtert durch die räumliche Nähe zu anderen selbständigen Frauen die Netzwerkbildung. Unter dem Motto "Frauen, bildet Banden!" stellte die Genossenschafterin Dr. Claudia Neusüß in ihrer Laudatio die Entstehung solcher Netzwerke als ein zentrales Anliegen der WeiberWirtschaft dar. Durch die Förderung von Kontakten zwischen Unternehmerinnen solle unter anderem zu einem "feministischen Geldkreislauf" beigetragen werden.

Neben dem ökologischen Anspruch, dem der Standort durch seine thermische Solaranlage, Photovoltaik und die Nutzung von Regenwasser nachkommt, ermöglicht die Weiberwirtschaft auch einen Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben: Auf dem 7100 Quadratmeter großen Gelände befinden sich eine Kita, sowie verschiedene Restaurants und Cafés.

Deutschland als frauenpolitisches "Entwicklungsland"

Die Geschäftsführerin der WeiberWirtschaft ist seit sieben Jahren die erste Preisträgerin, deren besonderes Anliegen die wirtschaftliche Gleichberechtigung von Frauen darstellt. Angesichts der Tatsache, dass laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung knapp dreizehn Prozent aller Aufsichtsratssitze und nur vier Prozent aller Vorstandspositionen in Deutschland von Frauen besetzt werden, erklärte Dilek Kolat in ihrer Rede Deutschland in Bezug auf Frauen in Führungspositionen zum "Entwicklungsland".

© Sharon Adler. Die Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen Dilek Kolat (SPD)


"Ohne eine verbindliche Quotenregelung wird sich nichts ändern", so die Senatorin. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hätten sowohl die EU-Kommission als auch der Bundesrat bereits vorgelegt. Der beharrliche Widerstand der Bundesregierung sei rational nicht zu begründen, gab Kolat im Gespräch mit AVIVA-Berlin an, da der gesteigerte Erfolg gemischter Führungsteams in verschiedenen Studien bereits nachgewiesen worden sei. Außerdem betonte sie, es sei Aufgabe des Staates, dort auf Gleichheit hinzuwirken, wo keine Gleichheit bestehe, zumal diese sogar in Artikel Drei unseres Grundgesetzes festgeschrieben sei. Beide Beschlüsse, so die Senatorin, sowohl von Bundesrat, als auch von EU-Kommission, bezögen sich nur auf Aufsichtsrät_innen und seien damit lediglich Minimalregelungen.

Auch die große Zahl von Frauen in Minijobs fand in Kolats Rede zur Preisverleihung Erwähnung. Als Strategien ihrer Senatsverwaltung gegen diese prekären Beschäftigungsverhältnisse gab sie im AVIVA-Interview an, es bestehe bereits ein Coaching- und Beratungsprojekt für Frauen in Minijobs, das weiter ausgebaut werden müsse. Zudem sei eine Kampagne in Richtung Unternehmen geplant, um unter anderem darauf hinzuweisen, dass es sich bei den prekär beschäftigen Frauen oft um Fachkräfte handele, deren Potenzial noch viel stärker genutzt und gefördert werden könne.

"Wir brauchen Unternehmerinnen als Vorbilder", erklärte die SPD-Politikerin und wies darauf hin, dass in Berlin bereits 35% der Existenzgründungen auf Frauen zurückgingen. Dabei betonte sie jedoch, dass Existenzgründung nicht gleichzusetzen sei mit Existenzsicherung: Zwei Drittel der Unternehmerinnen seien zusätzlich im Nebenerwerb tätig. Diesbezüglich lobte sie besonders Katja von der Beys Einsatz zur Förderung von Frauen bei ihrem Schritt in die Selbständigkeit. Diese gab sich in ihrer Dankesrede zuversichtlich und betonte noch einmal den kollektiven Ansatz der WeiberWirtschaft: "Viele Frauen zusammen können Großes bewegen"

Die Jury unter dem Vorsitz der Staatssekretärin Barbara Loth, die von der Bey für den Preis auswählte, setzte sich in diesem Jahr aus Professorin Dr. Thea Borde, Rektorin der Alice-Salomon Hochschule Berlin, Magdalena Kemper, ehemalige Redakteurin rbb-kulturradio, Vera Morgenstern, ehemalige Leiterin für Frauen und Gleichstellung der Gewerkschaft ver.di und Vorstand des LandesFrauenRats Berlin, Mira Renka, Sozialarbeiterin der Arbeiterwohlfahrt Berlin sowie aus Gabriele Kämper, Leiterin der Geschäftsstelle Gleichstellung in der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen zusammen.

Jurymitglied Kämper war auch an der Entstehung des Buches "Spreeperlen. Berlin – Stadt der Frauen" beteiligt, das 2010 von der Senatsverwaltung in Kooperation mit den bezirklichen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragen herausgegeben wurde und das Wirken von Frauen in der Stadt sichtbar machen will. In Anlehnung an Titel und Thema des Buches wurde der diesjährigen Frauenpreisträgerin erstmals eine Skulptur, gestaltet von der Bühnenplastikerin Esther Janshen, in Form einer Auster mit dem Umriss Berlins überreicht, die eine Perle enthält. Die Perle, die sowohl als Symbol für Schönheit, als auch für Reichtum gesehen werden kann, spiegelt von der Beys Ansatz wider, als Frau entgegen klassischer Geschlechterstereotype Geld zum Thema zu machen und selbstbewusst für sich einzufordern.

Künstlerisch eingerahmt wurde die Veranstaltung von der Performance der "Audioballerinas", die nicht nur zeigte, dass Frauen mit Technik umgehen können, sondern auch auf welch innovative Weise. Mithilfe eingebauter Elektronik in ihren futuristischen Kostümen begleiteten die Tänzerinnen jede ihrer Bewegungen mit schrägen White-Noise-Sounds. Katja von der Bey, die sich schon immer stark für Kunst engagierte, war früher Managerin der Gruppe.

AVIVA-Berlin gratuliert der Trägerin des Berliner Frauenpreises 2013 herzlich und wünscht ihr viel Erfolg bei ihren weiteren Unternehmungen!

Weitere Infos unter:

www.weiberwirtschaft.de

www.berlin.de

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Beitrag vom 11.03.2013

AVIVA-Redaktion