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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 01.12.2009


Manfred Theisen - Der Koffer der Adele Kurzweil
Sunna Krause-Leipoldt

1942 wurde ein jüdisches Mädchen aus Auvillar in Frankreich nach Auschwitz deportiert. Manfred Theisen möchte in seinem Roman, mit Hilfe einer spannenden Krimigeschichte, einem jungen Publikum die...




...historischen Tatsachen näher bringen.

Die 15 jährige Mara ist wenig begeistert davon, ihre Eltern in den Sommerferien zum Kauf eines Hauses nach Auvillar, Südfrankreich begleiten zu müssen. Als sie in einer alten Kommode der Villa ein Tagebuch entdeckt, scheint sie einen Zeitvertreib gefunden zu haben. Die Aufzeichnungen stammen von einem Jungen namens André aus dem Jahr 1942, der für das jüdische Mädchen Adele Kurzweil schwärmte. Adele war mit ihrem Vater aus Österreich vor den Nazis geflohen und wartete nun auf eine sichere Passage in die USA oder Südamerika.

Mara teilt ihre Entdeckung mit Philippe Rigaud, dem Sohn des bisherigen Hauseigentümers. Gemeinsam gehen sie auf eine zunächst harmlos erscheinende Entdeckungsreise in die Vergangenheit des kleinen Ortes. Doch langsam stellt sich heraus, dass an der Deportation der Kurzweils und anderen jüdischen Familien nicht nur die deutschen Besatzer beteiligt waren und es wird auch klar, dass es in Auvillar auch heute immer noch Leute geben muss, die diesen Teil der Geschichte nicht veröffentlicht sehen wollen.

Eine aufregende Jagd nach der Wahrheit beginnt, in deren Verlauf Mara immer wieder in Konflikt mit ihren nichts ahnenden Eltern, den – vielleicht eingebildeten – Verfolgern und nicht zuletzt ihren eigenen Gefühlen für Philippe gerät.

Die Figuren des Romans wirken hin und wieder etwas überzeichnet, – die peinlichen Eltern, der attraktive junge Franzose und der mysteriöse Gärtner – sie bilden jedoch eine solide Basis für ein spannendes Jugendbuch, dessen jungen LeserInnen sich mit der Protagonistin identifizieren können.

"Der Koffer der Adele Kurzweil" erzählt eine typische "Was-wäre-wenn-Geschichte" auf der Grundlage von wahren Begebenheiten. Dem Autor Manfred Theisen gelingt es, dieser Zeit ein hohes Maß an Aktualität zu verleihen und die Bedeutung der Vergangenheitsbewältigung zu veranschaulichen.

Abgerundet wird das Buch von einer historischen Exkursionin die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Sie besteht aus Fotografien von Auvillar heute und damals sowie Originaldokumenten von Adele und ihren Eltern wie Postkarten, Zeichnungen und Abbildungen von Adeles Pass. Dieser abschließende Teil des Romans holt die jungen LeserInnen in die Realität zurück und erinnert daran, dass leider nicht alles dieser spannenden Geschichte Fiktion ist.

AVIVA-Tipp: Die Koffer der Familie Kurzweil wurden 1991 auf dem Dachboden der Polizeistation von Auvillar entdeckt. Am 15. Oktober 2009 wurde, basierend auf dem darin gefundenen Material, in der Synagoge Graz eine Ausstellung über die Deportation und Ermordung von Adele und ihren Eltern 1942 in Auschwitz eröffnet. Das Jugendbuch "Der Koffer der Adele Kurzweil" vergegenwärtigt das sensible Thema der Verfolgung und Deportation von Juden im Rahmen einer spannenden Mischung aus Krimi und Liebesgeschichte. Es macht den jungen LeserInnen auf eindringliche Weise bewusst, dass hinter den historischen Fakten und Zahlen reale Menschen stehen, die ihr Leben verloren haben.

Zum Autor: Manfred Theisen, geboren 1962, studierte Germanistik, Anglistik und Politik. Er forschte zwei Jahre für das deutsche Innenministerium in der Sowjetunion, gründete einen Entwicklungshilfe-Verein in Äthiopien und arbeitete als Redakteur. Bevor Theisen sich ganz dem Schreiben widmete, leitete er eine Kölner Zeitungsredaktion. Heute lebt der mehrfach ausgezeichnete Autor und Vater von vier Kindern in Köln.
Weitere Infos und Kontakt unter:
www.randomhouse.de
(Quelle Sauerländer Verlag)

Manfred Theisen
Der Koffer der Adele Kurzweil

Sauerländer Verlag, erschienen Juni 2009
192 Seiten, Gebundene Ausgabe
ISBN: 978-3-7941-8089-9
13,90 Euro
www.sauerlaender.de

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

"Im Schatten des Holocaust" von James F. Tent.

"Hanas Koffer. Ein Kinderbuch über den Holocaust" von Karen Levine.

"Geschichte meines Lebens" von Aharon Appelfeld.

"Grüße und Küsse an alle - Anne Franks Familiengeschichte in Briefen" von Mirjam Pressler.

"Mich hat man vergessen" von Eva Erben.

"Yiddishkeit oder Das eigene Leben" von Lev Raphael.

"Himmelstraße" von Erica Fischer.

"Ich war das Kind von Holocaustüberlebenden" von Bernice Eisenstein.


Literatur

Beitrag vom 01.12.2009

AVIVA-Redaktion