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Beitrag vom 18.05.2015
Die Frau in Gold. Kinostart 4. Juni 2015. Das Buch zum Film von Elisabeth Sandmann - Der gestohlene Klimt
Isabelle Daniel
Das Leben der Maria Altmann und ihre Beziehung zu dem von den Nazis geraubten Klimt-Gemälde "Goldene Adele" inspirierte Regisseur Simon Curtis zu einem fesselnden Bio-Pic. Helen Mirren verkörpert...
... die aus Österreich in die USA geflüchtete faszinierende Protagonistin.
Um eines gleich vorwegzunehmen: "Die Frau in Gold" muss frau/man gesehen haben. Und zwar nicht nur wegen der hervorragenden Schauspieler_innen und der ausgezeichneten Regie von Simon Curtis ("My Week with Marilyn"). Anerkennung verdient vor allem das Drehbuch, das aus der Feder des mehrfach für seine Theaterstücke ausgezeichneten Autors Alexi Kaye Campbell stammt. "Die Frau in Gold" ist sein Spielfilmdebüt.
Für das amerikanische Kino regelrecht erfrischend ist die Konzentration auf das Thema des Films. Anders als bei so vielen Historiendramen, bildet die Geschichte der Maria Altmann, ihre Restitutionsklage und die damit eng verwobene Geschichte des berühmten Klimt-Gemäldes "Goldene Adele" nicht nur das Setting für den Film. Vielmehr hat der Drehbuchautor sehr nah am historischen Stoff eine dichte Handlung entwickelt. Campbell verschwendet keine Minute des Films, um von seinem Leitmotiv abzulenken. Der relativ radikale Einstieg, die Unmittelbarkeit des Handlungsstrangs, die differenzierten Hauptfiguren und ein treffliches Porträt des heutigen Österreichs, 70 Jahre nach ende des 2. Weltkriegs, verleihen dem Film einen Anspruch, der in diesem Genre seinesgleichen sucht.
Verdrängt zugunsten des österreichischen Opfermythos
Jahrzehntelang hing Klimts "Goldene Adele" in der Österreichischen Galerie des Schlosses Belvedere in Wien. Galerist_innen maßen dem Bildnis den Status eines Nationalheiligtums bei – sogar von der "österreichischen Mona Lisa" war die Rede. Ein zutiefst trügerischer, ja anmaßender Name für ein Bild, das einst einen anderen – aussagekräftigeren – Namen trug.
Denn ganz anders als bei der "Mona Lisa" handelte es sich bei der Frau auf dem berühmten Klimt-Gemälde nicht um eine mysteriöse Unbekannte. Die Österreicher_innen hatten sie lediglich aus ihrem kollektiven Gedächtnis verbannt, die Biographie des Bildes zugunsten des österreichischen Opfermythos verdrängt.
Verschleierung der "jüdischen Herkunft" des Bildes
Das Gemälde zeigt Adele Bloch-Bauer, die Tante der von Helen Mirren verkörperten Protagonistin Maria Altmann. Adele und Maria entstammen derselben wohlhabenden jüdischen Wiener Familie, die zum Freundeskreis vieler Secessionskünstler gehört. Adele Bloch-Bauer geht bei Gustav Klimt ein und aus. Zahlreiche Skizzen und Gemälde fertigt Klimt von ihr an, bis er das berühmte Bildnis der "Goldenen Adele" im Jahr 1907 fertigstellt. Ab 1938 wird der gesamte Familienbesitz von den Nazis geraubt. Selbst ihre Namen lassen die Nazis der geraubten Kunst nicht. Das berühmte Bildnis "Adele Bloch-Bauer I", das Adeles Vater bei Klimt in Auftrag gab, wird im nationalsozialistisch besetzten Österreich in "Goldene Adele" umbenannt – um die "jüdische Herkunft" des Bildes zu verschleiern.
Der 2. Weltkrieg hat bereits begonnen, als der frisch verheirateten Maria und ihrem Mann die Flucht in die USA gelingt. Ihre Eltern muss sie in Wien zurücklassen – die Schuldgefühle plagen sie bis ins hohe Alter.
Fast 60 Jahre nach Maria Altmanns Flucht aus dem nationalsozialistischen Wien, 1998, beschließt Österreich, aktiv Restitutionen zu unterstützen und verabschiedet das Kunstrückgabegesetz. Zwei Jahre später macht Maria eine erstaunliche Entdeckung: Im Erbe ihrer verstorbenen Schwester findet sie Unterlagen, die darauf hindeuten, dass sie, Maria Altmann, die rechtmäßige Besitzerin der "Goldenen Adele" und vier weiterer Klimt-Gemälde ist.
In Los Angeles beauftragt sie den jungen Rechtsanwalt Randol Schoenberg (Ryan Reynolds) – ein Enkel des Komponisten Arnold Schönberg, wie Maria Altmann ein Wiener Flüchtling – die Ansprüche anzufechten, die die österreichische Regierung auf die Klimt-Gemälde erhebt.
Suche nach Gerechtigkeit
Maria Altmann nimmt die Reise nach Wien, in das sie nach der grausamen Erfahrung der nationalsozialistischen Verfolgung und ihrer dramatischen Flucht nie wieder zurückkehren wollte, auf sich – aus der Überzeugung, dort so etwas wie späte Gerechtigkeit finden zu können. Für ihren Anwalt Randol Schoenberg ist zunächst der Millionenprofit, den er sich verspricht, der Ansporn, sich des Falls anzunehmen.
Von seiner Klientin lernt er, dass es in dem Prozess nicht um finanzielle Entschädigung geht. Marias Ziel ist ein Schuldeingeständnis der österreichischen Regierung.
Doch Maria und Randol werden zunächst enttäuscht: Die Verzögerungstaktiken der österreichischen Institutionen und Museen setzen der von der nationalsozialistischen Verfolgung traumatisierten Maria ebenso zu wie ihrem Anwalt, der zunehmend hin- und hergerissen ist zwischen dem Wunsch, seiner Klientin zu Gerechtigkeit zu verhelfen und der Verantwortung gegenüber seiner jungen Familie. Auch diese Konflikte sind es, die dem Film seine verdiente Authentizität verleihen, denn sie ermöglichen es den Schauspieler_innen, in überzeugende Charakterrollen zu schlüpfen. Die prominente Besetzungsliste hält, was sie verspricht. Helen Mirren spielt die starke Maria Altmann mit einer Brillanz, die sie auch schon in ihrer Rolle als "The Queen" zeigte.
Protagonistin mit Charakter
Ihre Maria Altmann ist eine Frau mit Ecken und Kanten und damit alles andere als eine typische Hollywood-Heldin. Altmann ist manchmal zickig und anstrengend, sie geht ihrem Anwalt auf die Nerven. Stellenweise überfordert sie ihn allzu sehr. Doch Maria Altmann ist auch eine kluge und intelligente Frau, die die Souveränität, die sie ausstrahlt, auf harte Weise erlernen musste. Subtil durchleuchtet der Film, wie es ihr in Los Angeles gelang, sich eine neue Welt voller Harmonie und sanfter Farben einzurichten: in ihrem gemütlichen Zuhause, aber auch in ihrer kleinen Boutique in L.A.
Diese Orte dienen Maria als Erinnerung an ihre behütete Kindheit in Wien, bevor diese von den Nazis zerstört wurde und bilden zugleich einen radikalen Kontrast zu der Verfolgung ihrer Familie durch die Nazis, die im Film parallel erzählt wird.
Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte
Auch Ryan Reynolds spielt die Rolle des Randol Schoenberg mit viel Sensibilität. Ihm widerfährt keine Hollywood-typische Läuterung, seine Geschichtsignoranz legt er nicht in einem plötzlichen Erwachen in Erkenntnis ab. Stattdessen begleitet ihn der Film bei seiner Auseinandersetzung mit Maria Altmanns Vergangenheit – und schließlich auch seiner eigenen Familiengeschichte, bis zu jenem Schlüsselmoment in einer Wiener Toilette, in dem Ryan Reynolds seiner Figur die Größe eines fast gleichberechtigten zweiten Protagonisten einhaucht.
Es brauchte zwei so starke Figuren, um den Kampf um Gerechtigkeit, den Maria Altmann im Jahr 2000 aufgenommen und sechs Jahre später schließlich gewonnen hat. Nach jahrelangem Rechtsstreit, Intrigen seitens der österreichischen Behörden und Momenten, in denen Klientin und Anwalt fast den Glauben verloren, erhält Maria Altmann schließlich fünf Klimt-Gemälde zurück – darunter auch das damals teuerste Bild der Welt, die "Goldene Adele". Es ist eine würdevolle Maria Altmann, die dem Film seinen Sinn verleiht: "Ich habe immer gehofft, dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt. Und genau das ist geschehen."
AVIVA-Tipp: "Die Frau in Gold" erzählt auf sensible und packende Weise die Geschichte des berühmten Klimt-Gemäldes "Adele Bloch-Bauer I" und seiner rechtmäßigen Erbin, Maria Altmann. Ein wichtiger Film.
Die Frau in Gold
Woman in Gold
USA 2015
Regie: Simon Curtis
Buch: Alexi Kaye Campbell
DarstellerInnen: Helen Mirren, Ryan Reynolds, Daniel Brühl, Katie Holmes, Tatiana Maslany, Max Irons, Charles Dance u.a.
Verleih: SquareOne Entertainment
Lauflänge: 98 Minuten
Kinostart: 4. Juni 2015
Mehr zum Film unter: www.diefrauingold.de und auf Facebook: www.facebook.com/DIEFRAUINGOLD.Film
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Weiterführende Literatur:
Zum Start des Films "Die Frau in Gold" am 5. Juni 2015 erscheint auch das Buch "Der gestohlene Klimt. Wie sich Maria Altmann die Goldene Adele zurückholte" von Elisabeth Sandmann.
Elisabeth Sandmann
Der gestohlene Klimt – Wie sich Maria Altmann die Goldene Adele zurückholte
Elisabeth Sandmann Verlag, erschienen 5. Juni 2015
Gebunden mit geprägtem Schutzumschlag
13,5 x 21 cm, 104 Seiten, zahlr. Abb. in SW und Farbe
16,95 € [D] / 17,45 € [A] / 24,50 sFr
ISBN: 978-3-938045-98-5
www.elisabeth-sandmann.de
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Deutsches Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg: www.kulturgutverluste.de
Die Stiftung ZURÜCKGEBEN. Stiftung zur Förderung jüdischer Frauen in Kunst und Wissenschaft gibt Menschen die Möglichkeit, Raubgut symbolisch zurückzugeben: www.stiftung-zurueckgeben.de