DIW Berlin Führungskräfte-Monitor 2017 am 18. Juli erschienen - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Women + Work



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 26.07.2017


DIW Berlin Führungskräfte-Monitor 2017 am 18. Juli erschienen
AVIVA-Redaktion

Die Studie zeigt, dass es große Unterschiede beim Frauenanteil zwischen Ost- und Westdeutschland gibt. Der Gender Pay Gap bei Führungspositionen ist mit durchschnittlich 23 Prozent nach wie vor erheblich.




Anteil von Frauen in Führungspositionen nimmt nur noch langsam zu, Gleichstellung liegt in weiter Ferne

Die Studie informiert nicht nur über die Entwicklung des Anteils von Frauen in Führungspositionen und Verdienstunterschiede, sondern gibt auch einen Einblick in die beruflichen und privaten Lebenswirklichkeiten von angestellten Führungskräften in der Privatwirtschaft.

Der Anteil von Frauen unter den angestellten Führungskräften in Privatunternehmen ist in den Jahren 1995 bis 2015 um rund zehn Prozentpunkte auf etwa 30 Prozent gestiegen. Das geht aus dem neuen "Führungskräfte-Monitor 2017" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor, der erstmals einen Zeitraum von 20 Jahren abdeckt und somit auch langfristige Entwicklungen aufzeigt. Der Führungskräfte-Monitor betrachtet dabei Führungspositionen in einem weiten Sinne: Einbezogen wurden nicht nur Vorständ_innen und Aufsichtsrät_innen, sondern auch niedrigere Führungsebenen und allgemein Angestellte, die hochqualifizierte Tätigkeiten ausüben.

"Es geht voran, was den Anteil von Frauen in Führungspositionen betrifft", resümiert Elke Holst, DIW-Forschungsdirektorin für Gender Studies, "allerdings liegt das Ziel, genauso viele Frauen wie Männer in Führungspositionen zu haben, noch immer in weiter Ferne. Der Frauenanteil nimmt nur noch langsam zu und gleicht zuletzt eher wieder einem Ritt auf einer Schnecke. Und das, obwohl Frauen schon seit vielen Jahren die Männer bei den Qualifikationen eingeholt und teilweise sogar überholt haben."

Offenbar spielen kulturelle Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle: Während der Frauenanteil in Führungspositionen in Ostdeutschland bei 44 Prozent liegt, ist er in Westdeutschland mit 27 Prozent deutlich geringer und seit 1995 auch erheblich langsamer gestiegen. Um die Gleichstellung zu fördern, sieht Studienautorin Elke Holst nicht nur die Politik, sondern auch die Unternehmen in der Pflicht. Sie müssten die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen als zentrales Unternehmensziel definieren und einen verbindlichen Zeitplan festlegen. Wichtig sei auch die Transparenz bei der Besetzung von leitenden Positionen und bei den Gehältern. Flexible Arbeitszeiten und Zeitsouveränität seien wichtige Optionen, um die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen voranzutreiben. "Unterstützt durch eine Politik aus einem Guss sowie eine stärkere partnerschaftliche Aufgabenteilung in der Familie können vorhandene positive Ansätze mehr Fahrt aufnehmen", so Elke Holst.

Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern bleibt groß

Der Gender Pay Gap bei Führungskräften hat sich in den vergangenen Jahren im Mittel leicht verringert, die Verdienstlücke bleibt mit durchschnittlich 23 Prozent aber erheblich. Betrachtet frau statt des Durchschnittswerts den häufig als robustere Größe geltenden Medianwert, der von extrem hohen und niedrigen Werten kaum beeinflusst wird, liegt der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen sogar bei 26 Prozent und hat sich innerhalb von 20 Jahren nicht verändert.

Neben der Entwicklung des Anteils von Frauen in Führungspositionen und den Verdienstunterschieden geben die DIW-Forschungsdirektorin Holst und ihr Ko-Autor Martin Friedrich im Rahmen des Führungskräfte-Monitors, der auf Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) basiert, auch einen Einblick in die beruflichen und privaten Lebenswirklichkeiten von Führungskräften. Zu den Themen gehören neben Arbeitsmarkt- und Sozialstrukturen, Wochenarbeitszeiten, Bildung und Berufserfahrung auch Lebensstile, Haus- und Familienarbeit sowie Verdienste und Sondervergütungen. Erstmals wurden auch Indikatoren zur politischen Partizipation, zu Parteipräferenzen und Sorgen einbezogen.

So ist ein Ergebnis, dass Männer und Frauen in Führungspositionen ähnliche Wünsche mit Blick auf ihre Arbeitszeit haben. Beide Geschlechter würden ihre Wochenarbeitszeit gerne um sechs Stunden reduzieren. Bereits in den vergangenen Jahren konnten Führungskräfte ihre Arbeitszeit etwas verringern. Dass Männer im Durchschnitt mehr Wochenstunden arbeiten als Frauen (44 zu 41), ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass Frauen in Führungspositionen häufiger in Teilzeit tätig sind als Männer (22 zu sechs Prozent).
Präferenzen für Grüne und SPD

Erstmals gibt der Führungskräfte-Monitor des DIW Berlin auch Auskunft über das politische Interesse und die Parteineigung von Führungskräften. Dabei zeigt sich, dass in leitenden Positionen das politische Interesse stärker ausgeprägt ist als bei Angestellten ohne Führungsaufgabe, Frauen aber weniger häufig sehr stark interessiert sind als Männer (38 zu 58 Prozent). Beide Geschlechter beschäftigten besonders die Themen Frieden, Ausländer_innenfeindlichkeit sowie etwas weniger häufig Umweltschutz, Klimawandel und der soziale Zusammenhalt. Frauen neigten 2015 vor allem der Partei B´90/Die Grünen zu (39 Prozent), Männer in Führungspositionen bevorzugten zu 44 Prozent die SPD. Unter den angestellten Führungskräften in der Privatwirtschaft kam die CDU/CSU auf Zustimmungswerte von rund 20 Prozent – würden Selbständige, Landwirt_innen und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst einbezogen, könnte dies jedoch anders aussehen.

AVIVA-Tipp: Seit Beginn der Erhebung des DIW Führungskräfte-Monitors stellen Elke Holst und ihr Team fest, dass die Unternehmen und die Politik gefragt sind, die positiven Entwicklungen auf den unteren und mittleren Führungsebenen zu nutzen, zu verstärken und damit einen nachhaltigen Trend zu mehr Frauen in Führungspositionen auf allen Hierarchieebenen zu fördern. Eine Voraussetzung hierfür ist die Öffnung der Unternehmenskultur für Frauen in Führungspositionen. Weiterhin bilden von Männern geprägte Lebensrealitäten die Norm in den Führungsetagen. Der Veränderungsprozess verläuft leider sehr langsam. Hier sollte dringend nachgesteuert werden.

Mehr Infos zum DIW Führungskräfte-Monitor 2017 unter:

www.diw.de

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) ist seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es erforscht wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berät auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft. Das Institut ist national und international vernetzt, stellt weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur bereit und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das DIW Berlin ist unabhängig und wird als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

DIW Managerinnen-Barometer 2017: Geschlechterquote zeigt erste Wirkung in Aufsichtsräten, Vorstände bleiben Männerdomänen
Eine jährliche Bestandsaufnahme. DIW Berlin untersucht insgesamt mehr als 500 Unternehmen – Frauen sind in Spitzengremien großer Unternehmen noch immer deutlich in der Minderheit – Gesetzliche Quotenregelung allein reicht nicht aus.

DIW Managerinnen-Barometer 2016 - Frauenanteile in Spitzengremien großer Unternehmen steigen kaum
Forscherinnen analysieren insgesamt über 500 Unternehmen. Einige gehen mit gutem Beispiel voran, andere hinken umso stärker hinterher. Die große Mehrheit der unter die Frauenquote in Aufsichtsräten fallenden Unternehmen hat 30-Prozent-Schwelle noch nicht erreicht.

DAX-30-Unternehmen erreichen erstmals 30 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten
Fünf Monate nach Einführung der Geschlechterquote ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten von 26,8 auf 30,2 Prozent gestiegen – stagniert aber bei nur 9,6 Prozent in den Vorständen, meldet das DIW am 10. Juni 2016.

Managerinnen-Barometer 2015: Spitzengremien großer Unternehmen in Deutschland bleiben Männerdomänen Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten verharren auf niedrigem Niveau. Nur wenige Unternehmen erfüllen bereits die geplante gesetzliche Frauenquote. DIW Berlin schlägt weitere Maßnahmen vor

Führungskräftemonitor 2015 - Anteil von Frauen in Führungspositionen seit 2001 gestiegen, Entwicklung zuletzt aber nur noch verhalten
DIW Berlin stellt Führungskräftemonitor 2015 vor. DIW-Forschungsdirektorin Elke Holst schlägt Fünf-Punkte-Plan für mehr Frauen in Führungspositionen vor: "Kein Anlass, sich auszuruhen". Der Anteil von Frauen in Führungspositionen der Privatwirtschaft in Deutschland nimmt zu: Im Jahr 2013 waren rund 29 Prozent der leitenden Angestellten Frauen – etwa sieben Prozentpunkte mehr als im Jahr 2001.

Managerinnen-Barometer 2014: Frauenanteile in Spitzenpositionen großer Unternehmen steigen nur moderat
Das DIW Berlin hat über 500 Unternehmen und Geldhäuser untersucht – Vorstände und Aufsichtsräte weiterhin fest in Männerhand – Unternehmen mit Bundesbeteiligung von Vorbildrolle weit entfernt.

Christiane Funken – Sheconomy. Warum die Zukunft der Arbeitswelt weiblich ist
Die Professorin der Medien- und Geschlechtersoziologie am Institut für Soziologie an der TU Berlin analysierte anhand von Interviews mit Managerinnen im Alter von 35 sowie 50 plus Chancen und Hindernisse für Frauen in der Wirtschaft vor dem Hintergrund der "schönen neuen Arbeitswelt". (2016)




Quelle: Pressemitteilung des DIW Berlin vom 18. Juli 2017



Women + Work

Beitrag vom 26.07.2017

AVIVA-Redaktion