KÃœNSTLERINNEN IM DIALOG. Drei Tassen und eine japanische Puppe - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 21.04.2017


KÃœNSTLERINNEN IM DIALOG. Drei Tassen und eine japanische Puppe
AVIVA-Redaktion

Unter diesem Motto zeigt "Das Verborgene Museum. Dokumentation der Kunst von Frauen e.V." vom 27. April 2017 - 06. August 2017 eine als Zwiegespräch in Bildern Europäischer Künstlerinnen der um 1900 geborenen Generation angelegte Ausstellung.




Köpfe, Akte, Stillleben, Landschaften und Portraits von Lotte Laserstein, Käthe Loewenthal, Ilse Heller-Lazard, Else Lohmann, Jacoba van Heemskerck, Alice Lex-Nerlinger, Gerda Rotermund, Eva Besnyö, Florence Henri, Natalja Gontscharowa und vielen mehr, die überwiegend den künstlerischen Positionen der Moderne nach dem Ersten Weltkrieg zuzurechnen sind.

"Künstlerinnen im Dialog" findet in diesem Frühjahr zum dritten Mal statt und ist ein Ergebnis der Lebens-, Berufs- und Werkerzählungen vieler Künstlerinnen, die Das Verborgene Museum während der letzten Jahrzehnte erstmals bekannt gemacht hat.
Im Zentrum der Ausstellung stehen zwei Werke aus den 1920er-Jahren: Das expressionistische "Stillleben mit japanischer Puppe" (ca. 1925) von Martel Schwichtenberg (1896–1945) und das konstruktivistische "Stillleben mit Tassen" (1928) von Lou Loeber (1894–1983).

Martel Schwichtenberg, die sich in Anlehnung an die bekannte Cognacmarke den Vornamen Martel gab, war an Ausstellungen der Galerie Flechtheim in Berlin beteiligt, engagierte sich im Verein der Berliner Künstlerinnen und nahm sich äußerlich die Bildhauerin Milly Steger (1881–1948) in Herrenanzug mit Krawatte zum Vorbild, deren überlebensgroße Frauenakte an der Fassade des Hagener Stadttheaters 1911 für Furore gesorgt haben. Durch ihre jahrzehntelange Beschäftigung als Werbegrafikerin für die Firma Bahlsen in Hannover war Schwichtenberg nahezu ihr ganzes Leben finanziell abgesichert.

Die zwei Jahre ältere, niederländische Malerin Lou Loeber verfolgte ein streng konstruktivistisches Bildkonzept. Künstlerisch richtungweisend wurde für sie die Begegnung mit den Kollegen der de Stijl-Bewegung, Piet Mondrian und Gerrit Rietveld, die, vergleichbar den Konstruktivisten Kasimir Malewitsch und Natalja Gontscharowa in der Sowjetunion und Alice Lex und Oskar Nerlinger im Berlin der Weimarer Republik nach einer Bildsprache aus geometrischen Grundformen und Primärfarben suchten. Lou Loeber löste sich nicht vollständig vom Gegenstand und arbeitete anders als ihr Kollege Mondrian auch mit gebogener Linie und Kreisform wie in den beiden Gemälden, "Sonnenblumen" und "Stillleben mit Tassen".

Zum künstlerisch konstruktivistischen Umfeld gehören die russische Avantgardistin Natalja Gontscharowa (1881–1962), die Malerin und Fotografin Florence Henri (1893–1982) mit ihrem gespiegelten "Selbstportrait" und Jacoba van Heemskerck (1876–1923), deren Kontakt zu Herwarth Waldens "Sturm"-Galerie und deren Beteiligung am Ersten Deutschen Herbstsalon in Berlin 1913 für ihren Durchbruch auf dem Kunstmarkt sorgten.

Die Ausstellung mit ca. 60 Gemälden, Fotografien, Zeichnungen, Grafiken und Skulpturen schließt mit zwei abstrakten Werken, die ihre Wirkung ganz aus der Verwendung von aufgeriebenem Blattgold beziehen: "Haut" (1961) der Norwegerin Anna-Eva Bergman (1909–1987) und das "Goldene Tuch" (2005) der Niederländerin Beppe Kessler (1952).


Das Verborgene Museum e.V. wurde 1986 in Berlin gegründet - mit dem Ziel, Lebenswerk und Lebensgeschichte von in Vergessenheit geratenen oder von den Nazis ermordeten Künstlerinnen bekannt zu machen. Die Initiative zur Gründung des Museums gab eine Untersuchung in den West-Berliner Museen zwischen 1984 und 1987. Eine Sammlung künstlerischer Arbeiten von über 500 Künstlerinnen wurde damals in den Archiven entdeckt.
Seitdem präsentiert und dokumentiert Das Verborgene Museum die Lebenswerke von Künstlerinnen aller Gattungen - Malerinnen, Fotografinnen, Bildhauerinnen und Architektinnen. Weltweit ist es die einzige Einrichtung, die sich um die öffentliche Präsentation und wissenschaftliche Aufarbeitung der Lebenswerke von Künstlerinnen zurückliegender Jahrhunderte kümmert.

© Sharon Adler
Marion Beckers und Elisabeth Moortgat von DAS VERBORGENE MUSEUM anlässlich der Ausstellungseröffnung der Bildschau "Landschaft und Gesicht" am 3. April 2014 vor dem Gemälde der Künstlerin Ilse Heller-Lazard


Künstlerinnen im Dialog
27.04. – 06.08.2017
Eröffnung: 26. April 2017, 19 Uhr
DAS VERBORGENE MUSEUM
Dokumentation der Kunst von Frauen e.V.

Schlüterstraße 70
10625 Berlin
Tel.: 030 - 313 36 56
Öffnungszeiten: Do & Fr 15 - 19Uhr, Sa & So 12 – 16Uhr
Eintritt: 2 Euro, ermäßigt 1 Euro
www.dasverborgenemuseum.de


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(Quelle: DAS VERBORGENE MUSEUM Dokumentation der Kunst von Frauen e.V., AVIVA-Berlin)


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Beitrag vom 21.04.2017

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